Rechnungshof: Scharfe Kritik an Burgtheater

Das Wiener Burgtheater
Vorwürfe gehen an Stantejsky, Hartmann, Springer, Schmied.

Harte Kritik an der früheren Geschäftsführung des Burgtheaters übt der Rechnungshof in seinem kürzlich fertiggestellten Rohbericht. Laut Presse werde darin "ein desaströses Bild" mit "haarsträubenden Unzulänglichkeiten" gezeichnet. Aufgrund völlig mangelhafter Kontrolle habe sich die Finanzmisere während der Geschäftsjahre 2008/’09 bis 2013/’14 zuspitzen können.

"Millionenauszahlungen ohne Belege; millionenteure Produktionen trotz akuter Finanzprobleme; schwere Versäumnisse bei der Bilanzierung der Personalrückstellungen; offenkundige Missstände bei der internen Kontrolle" – all dies liste der Rohbericht auf und belaste dabei vor allem die ehemalige kaufmännische Geschäftsführerin Silvia Stantejsky, aber auch den entlassenen Burgtheater-Direktor Matthias Hartmann, heißt es. Auch der damalige Burgtheater-Aufsichtsrat mit dem in Pension gegangenen Holding-Chef Georg Springer an der Spitze sowie Ex-Kulturministerin Claudia Schmied (SPÖ) werden kritisiert.

Trotz unzureichender finanzieller Reserven seien Bühnenproduktionen durchgeführt worden, die die Budgets um insgesamt rund 9,63 Millionen Euro überschritten, zitiert die Presse. Zur Finanzierung seien Fremdmittel aufgenommen worden.

Fehlende Kontrolle

"Entgegen ihrer gesetzlich vorgesehenen Verpflichtung" hätte die Geschäftsführung kein entsprechendes internes Kontrollsystem eingerichtet. "Die hohen Auszahlungen und die aufbau- und ablauforganisatorische Isolation der Hauptkasse bargen wesentliche Risiken wie Korruption, Verlust und fehlende Ordnungsmäßigkeit", heißt es dazu. Für rund 80 Prozent der geleisteten Akonti lagen keine Belege vor. Hierfür trage vor allem Stantejsky die Verantwortung.

Auch Hartmann gerät in die Kritik: Ab der Vorbereitungszeit 2006 bis zu seiner Entlassung 2014 seien ihm Zahlungen von rund 2,23 Mio. Euro geleistet worden, denen nicht immer ein nachvollziehbarer Grund gegenüber gestanden wäre. Springer wird vorgeworfen, er habe von Stantejskys Vorgangsweisen teilweise Kenntnis gehabt. Bis zum endgültigen Bericht können noch Gegenstatements von Burg und Kulturministerium eingearbeitet werden.

Stantejsky und Hartmann haben gegen ihre Entlassungen geklagt.

Kulturminister Josef Ostermayer betont angesichts der scharfen Rechnungshof-Kritik am Burgtheater, dass 98 Prozent der Empfehlungen im Rohbericht bereits umgesetzt wurden oder in Umsetzung sind. Als konkrete Beispiele nannte Ostermayer gegenüber dem KURIER den viel kritisierten lockeren Umgang mit Bargeld im Theater oder auch das früher fehlende Vieraugenprinzip bei wichtigen Beschlüssen.

Ostermayer sieht den Bericht als Bestätigung seiner Linie in der Causa, er wolle in den nächsten zwei Wochen dazu Stellung nehmen. Die Sicht des Rechnungshofes auf die Entlassungen von Ex-Direktor Matthias Hartmann und Ex-Geschäftsführerin Silvia Stantejsky habe „Nachschärfungsbedarf“, so Ostermayer.

Die Grünen sehen sich in ihrer Kritik an der Burg bestätigt: Es sei dort „über alle Verantwortungsebenen hinweg, von der kaufmännischen Direktorin bis zur Ministerin, ein chaotisches System etabliert gewesen, das der Republik Millionen gekostet hat und jetzt hoffentlich korrigiert ist“, sagt der Grüne Kultursprecher Wolfgang Zinggl. Die Letztverantwortung liege bei der ehemaligen Kulturministerin Claudia Schmied, so Zinggl.

Im Burgtheater-Aufsichtsrat wird es am Freitag spannend: Jene externen Prüfer, die die Finanzaffäre rund um die entlassene Vizedirektorin Silvia Stantejsky durchleuchten sollten, sollen ihren Endbericht vorlegen. Der KURIER lässt die Affäre Revue passieren – anhand ausgewählter Zitate:

"Wo Sumpf ist, kann man lange bleiben, ohne dass etwas geschieht. Es ist aber auch eine große Freude, im Sumpf zu arbeiten. Man hat mich immer vor diesem Österreich gewarnt. Aber ich frage mich nach zwei Jahren in diesem Land: Wann kommt dieses Österreich, vor dem mich alle gewarnt haben? Wann fängt das Fürchterliche denn an?"
(Burgdirektor Matthias Hartmann, 2011. Die Antwort kam wohl schneller, als ihm lieb war)

"Bevor man uns Schindluder vorwirft, müsste einiges passieren."
(Auch das geht manchmal schneller, als man denkt)

"Das ist schon ein Signal für die Zukunft des Burgtheaters."
(Bundestheater-Holdingchef Georg Springer gibt im März 2013 bekannt, dass die Burg 3,65 Mio. Euro aus dem Stammkapital nehmen muss, um ein Minus abzuwehren)

"Silvia Stantejsky hat sich entschlossen, für diese Entwicklung auf der kaufmännischen Seite ab 1. September 2013 nicht weiter zur Verfügung zu stehen."
(Die Geschäftsführerin wird wegen der schwierigen Finanzlage zur Vizedirektorin)

"Die Vizedirektorin des Burgtheaters, Silvia Stantejsky, ist im Dezember wegen Unregelmäßigkeiten bei der finanziellen Gebarung entlassen worden."
(Jänner 2014: Die Finanz-Affäre wird durch einen "News"-Bericht öffentlich)

"Dem Haus ist sicher kein Schaden entstanden."
(Hartmann irrt)

"Der Aufsichtsrat wurde darüber unterrichtet, dass im Jahresabschluss für das Jahr 2012/2013 mit einem Bilanzverlust von voraussichtlich TEUR 8.300 zu rechnen ist. Darüber hinaus stünden Steuernachzahlungen in der Höhe von bis zu TEUR 5.000 im Raum."
(Da war er dann, der Schaden)

Stantejsky habe "eine sehr intelligente Schattenorganisation aufgebaut" und "dolose Handlungen" gesetzt.
(Springer weist die Verantwortung von sich)

"Dr. Springer als auch der Aufsichtsrat wird von sämtlichen buchhalterischen Entscheidungen informiert. Parallel kann gar nichts geschehen."
(Stantejsky wehrt sich)

"Die Maßregeln zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung"
(Aufgabe der Holding, aus dem Bundestheatergesetz)

"So etwas können nur Wirtschaftsprüfer sehen. Ich bin ja nicht in der Buchhaltung des Hauses unterwegs."
(Der künstlerische Geschäftsführer Hartmann weist trotz des Vieraugenprinzips die Verantwortung von sich)

"Das Vieraugenprinzip bedeutet eben nicht zwei getrennte Augenpaare – ein Gröscherlzähler und ein Künstler – sondern ein beidseitiges Bewusstsein."
(Zur Erinnerung: Springer im Jahr 2010 zur Rollenverteilung der Geschäftsführer)

"Sie olle ham was g’wusst und des lasst mir ka Ruah."
(Titus Feuerfuchs im Akademietheater, siehe unten)

"Unwürdige und unproduktive Angstpolitik."
(Burg-­Ensemble spricht Hartmann und Springer das Misstrauen aus)

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