"Raffinierte Verführer": Film über IS-Rekrutierung junger Mädchen

Catherine (Sandrine Bonnaire) kämpft um ihre Tochter Sonia (Noémie Merlant)
Clotilde Courau über den Film "Der Himmel kann warten", in dem Mädchen für den IS angeworben werden.

Der feudale Rahmen des Pariser Grand Hotel Intercontinental ist quasi für sie gemacht: In einem der üppig ausgestatteten Zimmer hält Clotilde Courau für Interviews Hof. Die Prinzessin von Venedig und Piemont, verheiratet mit dem Enkel des letzten italienischen Königs, Emanuele Filiberto von Savoyen, spricht über ihren neuen Film "Der Himmel wird warten", der tief in die dunklen Seiten des Internets eintaucht. Unter der Regie von Marie-Castille Mention Schaar spielt die 47-Jährige in "Der Himmel wird warten" (Kinostart: Freitag) die Mutter eines bis dato unauffälligen französischen Vorstadt-Mädchens, das in die Fänge von IS-Propagandisten im Internet gerät. Nach kurzer Zeist ist das Mädchen so fanatisiert, dass es sogar bereit ist, an der Seite der islamischen Fundamentalisten in den Krieg zu ziehen.

KURIER:Der Film ist sehr nah an der Aktualität. Auch in Österreich wurde vor einiger Zeit der Fall zweier Teenagermädchen bekannt, die in den Kampf nach Syrien zogen und nie mehr von dort zurückkamen. Ein Zeitgeist-Film also?Clotilde Courau:Natürlich spiegelt das Kino immer aktuelle Entwicklungen in einer Gesellschaft wider. Es gestattet Identifikation und offenbart Brüche im gesellschaftlichen Gefüge. Hier zeigen wir die raffinierten Mechanismen der Verführer im Internet auf – wie sie dafür sorgen, dass ihnen gutgläubige Jugendliche ins Netz gehen. "Der Himmel wird warten" gewährt Einblick in eine Welt, von der wir nichts wissen und meistens auch gar nichts wissen wollen.

"Raffinierte Verführer": Film über IS-Rekrutierung junger Mädchen
French actress Clotilde Courau attends the 2017 Spring/Summer ready-to-wear collection fashion show by Elie Saab, on October 1, 2016 in Paris. / AFP PHOTO / ALAIN JOCARD
Eine wichtige Rolle im Film (und auch im realen Leben) spielt Dounia Bouzar, die ein Zentrum zur Verhütung der Radikalisierung durch Islamisten leitet. Haben Ihnen ihre Erfahrungsberichte geholfen?

Auf jeden Fall. Dounia engagiert sich in Frankreich seit 2013 gegen die Radikalisierung von Jugendlichen und sie macht das ausgezeichnet. Beim Filmen hat sie so agiert wie im wirklichen Leben. Sie bewirkt etwas mit ihrer Arbeit. Ich finde es wichtig, dass sie den Eltern der abtrünnigen Jugendlichen Mut zuspricht und ihnen nicht die Schuld zuweist. Wenn Kinder pubertieren, haben Eltern nicht an allem schuld.Sie haben selbst zwei Töchter. Kann man wirksam Einfluss nehmen auf Dinge, die Kinder in ihrem Heranwachsen verändern?

Uns bleibt als Eltern eigentlich nichts anderes übrig, als Vertrauen in unsere Kinder zu haben. Ja, es gibt furchtbare, monströse Dinge da draußen. Aber es gibt genauso viele schöne Dinge auf der Welt. Wir müssen sie ermutigen, mit ihnen reden, immer im Gespräch bleiben. Diese Art von Positiv-Propaganda ist für mich ein wichtiges Mittel, um das Abdriften der Jugendlichen in Extremismus zu verhindern. Aber das ist nur eine Möglichkeit, die mir richtig erscheint.

Kann man mit Filmen wie diesem etwas bewirken?

Eine Frau, deren Tochter radikalisiert wurde und nach Syrien gegangen ist, kam nach einer Vorführung zu mir und meinte: "Wenn meine Tochter diesen Film hätte sehen können, wäre sie vielleicht noch da und nicht in diese Hölle gegangen". Also habe ich die Hoffnung, dass der Film das Potenzial hat, Eltern und Kinder zum Miteinander-Reden zu bewegen. Und wenn es nur einer oder eine ist, der wieder vom radikalen Weg abkommt, dann ist das schon ein riesiger Erfolg.

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