"Punk is Dad": Auch alte Punks lärmen gut
Manche Dinge ändern sich nie. Zum Beispiel, dass man als anständiger Ire der Meinung ist, die Engländer und die Schotten sollten sich gefälligst zum Teufel scheren. (Im Buch steht das tatsächlich ein bisschen expliziter).
Dass man viel Zeit im Pub verbringt und dass man die Band Supertramp für das Letzte hält. Und dafür von seiner Frau als "Musik-Nazi" bezeichnet wird.
Zumindest hatte er immer schon präzise musikalische Vorstellungen, dieser Jimmy Rabbitte aus dem fiktiven Dubliner Vorort Barrytown, einem Arbeiter-Viertel, wo in den 80ern tatsächlich die wenigsten arbeiteten.
Doch Jimmy war kein Loser. Er verkaufte selbst gedruckte Smiths-Shirts und verfolgte seinen Traum von der eigenen Band: Sie sollte Soul haben und klingen wie James Brown – aus der Irischen Arbeiterklasse.
Verglüht
Jimmys "Commitments" wurden eine große Nummer und ein Stern, der schnell verglühte. Jimmy gründete später eine Punk-Band und wurde noch später, als Vater mehrerer Kinder, Autoverkäufer.
Sein Schöpfer Roddy Doyle aber wurde einer der berühmtesten Autoren Irlands, dessen Bücher von Alan Parker ("The Commitments", 1991) und Stephen Frears verfilmt wurden und der 1993 für den Roman "Paddy Clarke Ha Ha Ha" den Booker-Preis erhielt.
Auch wenn Jimmys Band im Roman nur kurzer Erfolg beschieden war, ist ihre Geschichte heute noch in Irland und England präsent. Britische Medien beschäftigten sich rund um das 20-jährige Jubiläum des Films ausgiebig mit "Was wurde aus"-Geschichten. Tragisches Detail: Alle Schauspieler scheiterten an der großen Karriere. Einzig "Outspan"-Darsteller Glen Hansard, der seine Karriere als Straßenmusiker in Dublin begonnen hatte, wurde als Hauptdarsteller und Komponist im Film "Once" bekannt und 2008 mit einem Oscar für den besten Song prämiert.
Soul-Klassiker
Seit 2013 läuft im Palace Theatre in London das Musical "The Commitments" mit großem Erfolg. Wesentlichen Anteil daran haben wohl die Soul-Klassiker wie "Mustang Sally", "In the Midnight Hour" oder "Try a little Tenderness", die bereits Alan Parkers Film so erfolgreich machten.
Und auch Roddy Doyle, der inzwischen etliche Romane und wunderbare Kinderbücher geschrieben hat, hat nicht auf Jimmy vergessen.
In "Punk is Dad" berichtet er nun, was aus Jimmy geworden ist. Inzwischen ist er siebenundvierzig Jahre alt, glücklich verheiratet, hat vier Kinder – und die Diagnose Darmkrebs. Nichts davon hindert ihn daran, weiter seine schrägen Musikprojekte zu verfolgen, was zu absurden Auftritten führt: Jimmy ist unter anderem Manager einer gealterten Punk-Band, die aus einem dem Alhokol nicht abgeneigten Ehepaar besteht. "Your Happyness makes me puke" heißt der Spitzentitel von Barry und Connie, zu dem sie sich auf der Bühne regelmäßig zerfleischen: Die Fans lieben es.
Neben diesen slapstick-artigen Szenen, deren Komik Doyle nie ausreizt, sondern immer nur streift, stehen Krankheit und Vergänglichkeit im Zentrum des Romans – doch auch die darin liegende Tragik wird nicht ausgeschlachtet.
INFO: Roddy Doyle:Punk is Dad. Deutsch von Juliane Zaubitzer. Haffmans Tolkemitt Verlag. 411 Seiten 21,95 Euro
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