Polarisierender "Ring"-Auftakt mit "Rheingold": Kindesentführung in Skyreuth

Polarisierender "Ring"-Auftakt mit "Rheingold": Kindesentführung in Skyreuth
Ein heftig polarisierender Auftakt zum neuen „Ring des Nibelungen“, Valentin Schwarz inszeniert „Rheingold“ als Familienaufstellung mit Wotan als bösem Clan-Chef.

Der Rhein, der während des Vorspiels im Video über die Bühne fließt, ist das Fruchtwasser, und bald schon sieht man im Mutterleib Zwillinge, vermutlich das Wälsungenpaar Siegmund und Sieglinde. Es ist allerdings ziemlich eng im Bauch, die Föten scheinen miteinander zu ringen, und man ahnt bereits: Gemütlich wird das nicht im späteren Leben.

Aus diesen Bildern entwickelt der Österreicher Valentin Schwarz, mit 33 der jüngste „Ring“-Regisseur in Bayreuth seit dem legendären Patrice Chéreau 1976 (er war damals 27), seine Familienaufstellung für die Tetralogie von Richard Wagner. Nach dem Vorabend, dem „Rheingold“, ist es freilich noch viel zu früh, um gültige Urteile zu treffen. Was sich aber bereits sagen lässt: Das Unterfangen ist psychologisch höchst ambitioniert, szenisch völlig ungewöhnlich und einer Ästhetik und Erzählweise verpflichtet, die man von aktuellen Streaming-Serien kennt. Die alte Tante Oper trifft auf neue Sehgewohnheiten, Bayreuth wird für eine Woche zum Netflix des Musiktheaters oder zum Skyreuth, das kann nur gut sein für das ganze Genre.

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