Am 15. Jänner informierte das Österreichische Filminstitut (ÖFI) etwas schmallippig auf seiner Webseite: „Nachdem derzeit nur ein Budgetprovisorium für das Jahr 2025 vorliegt, ist momentan keine Antragstellung für ÖFI+ möglich.“ Was konkret heißt: Aus diesem zentralen Förderprogramm fließt kein neues Geld für Kinofilme. Und das, nachdem noch vor zwei Jahren das neue Filmfördermodell zurecht dafür gepriesen wurde, dass die Gelder nicht mehr eng begrenzt sind.
Was war geschehen?
„Kernpunkt des Ganzen ist, dass ÖFI+ wirklich ein Erfolgsmodell ist und sehr attraktiv auch für internationale Produktionen“, sagt ÖFI-Direktor Roland Teichmann zum KURIER. Attraktiv sei vor allem die Automatik und der sogenannte Wertschöpfungsbonus. Dieser bezuschusst alle internationalen Koproduktionen, die mindestens 100.000 Euro mehr in Österreich ausgeben als der heimische Produktionsanteil beträgt – mit bis zu 60 Prozent auf diesen Überschuss.
Deutsches Interesse
Vor allem Produktionsfirmen aus Deutschland griffen bereitwillig zu, weil die Fördersituation dort zuletzt nicht die beste war. Beim Nachbarn blickte man neidisch auf das österreichische Filmanreizmodell. Erst im Dezember 2024 zog man hier gleich. Im deutschen Bundestag wurde beschlossen, den bisherigen Zuschuss von 20 Prozent auf (analog zu Österreich) 30 Prozent aufzustocken.
Da war das Interesse an den österreichischen Fördergeldern aber längst „explodiert“, wie es Teichmann ausdrückt. „Was auch dazu geführt hat, dass viele deutsche Großproduktionen nach Österreich verlagert worden sind.“ Dies betraf Kinokomödien wie „Der Spitzname“ oder „Der Vierer“.
An sich ist das gut, weil eine ansehnliche Wertschöpfung generiert wird, die an den heimischen Fiskus zurückfließt. Doch die große Nachfrage führte dazu, dass das ÖFI sogar einen beträchtlichen Vorgriff auf das Budget 2025 (das insgesamt 37,5 Mio. Euro beträgt) machen musste, um die Gelder für Anträge aus dem Vorjahr zusagen zu können. Schließlich war es auch das Ansinnen der türkis-grünen Regierung, die Gelder dem Sinn nach ungedeckelt bereitzustellen, um ein betont verlässliches System zu schaffen.
Budget 2025 noch offen
Die Anträge hätten alle Prognosen übertroffen, sagt Teichmann. Nun fehle aber die nötige Bedeckung, um weitere Anträge annehmen zu können. Im fürs ÖFI zuständigen Kulturministerium heißt es auf Anfrage, das Kulturbudget werde fortgeschrieben, aber: „Vor dem Hintergrund der von den nun regierungsverhandelnden Fraktionen angekündigten möglichen Veränderungen ist die Höhe des künftigen Budgets völlig offen. Daher muss das Kulturministerium mit dem im Rahmen des Provisoriums verfügbaren Budget besonders sorgsam umgehen, weil etwaige Zusatzausgaben in einem Bereich zu schmerzhaften Kürzungen in anderen Kulturbereichen führen könnten.“
Derzeit werde in enger Abstimmung mit dem ÖFI an einer Lösung gearbeitet. Eine solche ist dringend nötig, denn manche Anträge betreffen dem Vernehmen nach Drehs, die schon für den Frühling geplant sind. Verzögerungen könnten zu teuren Ausfällen führen. Auch Teichmann hofft auf eine „rasche Lösung, wir müssen wissen, wie viel Geld wir heuer zur Verfügung haben, erst dann können wir die Mittel entsprechend vergeben.“
Schwall an neuen Anträgen
Die Situation hatte sich durch eine weitere Entwicklung verschärft: Mit Beschluss des ÖFI-Aufsichtsrates vom 4. Dezember traten am 1. Jänner neue Förderrichtlinien in Kraft, die unter anderem Verschärfungen beim Wertschöpfungsbonus enthielten. Zudem wurde ein Deckel von 6 Mio. Euro pro Filmfirma und Jahr eingezogen, um für mehr Nachhaltigkeit und Verteilung zu sorgen. Aus der Branche war zu erfahren, dass kurz vor dem Jahreswechsel ein Schwall an Anträgen erfolgte, weil viele noch nach laxeren Regeln einreichen wollten – was zum aktuellen Förderstopp beigetragen habe.
Das Ministerium bestätigt den „unerwarteten Anstieg der Anträge Ende Dezember“ und verweist ebenfalls auf den „großen Erfolg des Modells“, der mit dazu geführt habe, „dass derzeit keine weiteren Anträge entgegengenommen werden können“. Die Antragstellung könne erst wieder geöffnet werden, „wenn es Klarheit über das verfügbare Budget für das Jahr 2025 und tendenziell auch für die Folgejahre gibt.“ Bis zum Ende der letzten Legislaturperiode im Oktober habe das System aber „einwandfrei funktioniert“, sagt das Ministerium.
Hätte es Alternativen zur Richtlinienänderung gegeben?
„Aus meiner Sicht war sie alternativlos“, meint ÖFI-Chef Teichmann. „Weil wir seit einem halben Jahr darauf aufmerksam machen: Es kommen immer mehr Anträge, das System fährt jetzt so richtig an.“
Versprechen an Filmbranche
Die Konsequenzen der aktuellen Situation seien Kulturminister Werner Kogler (Grüne)„natürlich bewusst“, heißt es, „wir bemühen uns derzeit um eine möglichst faire Lösung für die aktuell offenen Anträge, müssen aber zugleich mit der aktuell äußerst unklaren budgetären Gesamtsituation in Kunst und Kultur sorgsam umgehen.“
Kogler gibt den aktuellen Koalitionsverhandlern FPÖ und ÖVP mit auf den Weg: „Sie sollten das Versprechen Österreichs auch an die internationale Filmbranche einlösen und weiterhin Mittel in sinnvoller und notwendiger Höhe zur Verfügung stellen, um eine grundsätzliche Verlässlichkeit dieses Erfolgsmodells sicherzustellen. Es gibt einen großen Unterschied zwischen sinnvollem Sparen und kurzsichtigen, unintelligenten Kürzungen.“
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