Solche eitlen Mätzchen hätte der Altmeister des Theaters gar nicht nötig. Seine sensible, langsame, tief tragische und gleichzeitig hoch komische Inszenierung von Eugène Ionescos „Der König stirbt“ in den Wiener Kammerspielen wird am Premierenabend zu Recht mit Begeisterung aufgenommen. Der 84-jährige Regisseur zeigt hier letztlich das, was uns Menschen zu Menschen macht: Das Sterbenmüssen – und das Erkennen der Unausweichlichkeit des Todes.
Bernhard Schir verkörpert den alten König als greisenhaftes Clownskind. Sein Reich zerfällt, der Thronsaal hat Risse, sein Volk ist gestorben oder geflohen, niemand mehr hört auf seine Befehle. Als ihm eröffnet wird, dass seine letzte Stunde geschlagen hat mit Verlaub, stellt er sich am Anfang taub. Dann macht er die bekannten Phasen des Sterbens nach Kübler-Ross durch: Verleugnung, Zorn, Verhandeln, Depression und Akzeptanz.
Letzte Schritte
Schir spielt das so packend und berührend, dass man kaum zu atmen wagt. Seine letzte Szene – angeleitet von der alten Königin (hinreißend: Lore Stefanek) erklimmt er noch einmal die Stufen seines Throns, während rund um ihn die Welt vergeht – ist ganz großes Theater.
Die alte Königin, die ungeliebte erste Frau des Sterbenden, ist eine unerbittliche Verkünderin des nahenden Todes – und eine treue Begleiterin auf den letzten Schritten in die Dunkelheit, die einzige, die den Sterbenden nicht verlässt. Maria Köstlinger spielt großartig die junge Gemahlin: Sie empfindet das Sterben des Königs als Zumutung, als Anschlag auf ihre Jugend und Weiblichkeit.
Johannes Krisch gibt den Arzt (der hier auch Sterndeuter und Scharfrichter ist): Er ist gnadenlos und unheimlich, er beobachtet die Vorgänge mit kühl wissenschaftlichem Interesse. Die „Haushälterin und Krankenschwester“, wunderbar dargestellt von Johanna Mahaffy, verkörpert das Volk, die normalen Menschen – und logischerweise ist sie die Herrscherin in diesem merkwürdigen Haushalt.
Marcus Bluhm schließlich verkörpert den Wächter, einen geharnischten Soldaten mit Schnapsnase und schlotternden Knien und liefert viele komische Details.
Frieden
Ionesco – der ein Leben lang an der Angst vor dem Tod laborierte – zeigt in seiner „Jedermann“-Version das Sterben als beängstigenden, aber letztlich zum Frieden führenden Vorgang. Peymann inszeniert den Text mit viel Mitgefühl: Der Mensch ist hier ein manchmal lächerliches, stets zu bemitleidendes, aber auch würdevolles Wesen.
Jubel und Bravos.
Kommentare