Peymann in Wien: Der Großfürst mit der großen Klappe

Claus Peymann
Selbstinszenierung: Claus Peymann präsentierte "Mord und Totschlag" im Burgtheater.

Bis jetzt hat Claus Peymann, der scheidende Direktor des Berliner Ensembles, 129 Stücke inszeniert, darunter 47 Uraufführungen – inklusive jener kurzweiligen Nabelschau, die am Mittwoch im Burgtheater ihre österreichische Erstaufführung erlebte.

Die Burg ist für Peymann, der einst gefürchtete Gottseibeiuns des Theaters, noch immer die einzig wahre Bühne: Zur "Uraufführung" von "Mord und Totschlag" vor ein paar Tagen in Berlin kamen vielleicht 300 Leute; in Wien waren es mehr als doppelt so viele. Und danach nutzte eine Hundertschaft die "Schangse", um im Pausenfoyer ein Autogramm des 79-jährigen "Großfürsten der Schnürböden" – so Thomas Bernhard schmeichelnd in einem Brief an Peymann – zu ergattern.

Denn "Mord und Totschlag" ist eigentlich kein Stück, sondern das Guinnessbuch der Rekorde zum Thema Peymann: Der Regisseur aus Bremen, der 1966 mit seiner Inszenierung von Peter Handkes Stück "Publikumsbeschimpfung" über Nacht bekannt geworden war, zieht Bilanz über sein bisheriges Leben. Mit vielen Bildern und Dokumenten, Hunderten Zitaten aus Interviews, zahlreichen Lobpreisungen diverser Dramatiker – und mit penibel erstellten Listen: seiner Inszenierungen, der von ihm als Direktor verpflichteten Regisseure, seiner Kostüm- und Bühnenbildner (Platz 1: Karl-Ernst Herrmann) – und seiner Dramaturgen. Mit Hermann Beil arbeitet er bereits seit 1974 zusammen, mit Jutta Ferbers seit 1983.

Die beiden Weggefährten assistierten dem blendend gelaunten Zampano auch bei der Buchpräsentation: Mit großer Geste schleuderte Peymann Blatt um Blatt zu Boden, und nach 90 Minuten ließ er Konfetti auf sich regnen. Er brachte alles wieder in Erinnerung, naturgemäß daher den Skandal um "Heldenplatz" und den Kulturkampf der FPÖ. Zum Schluss gab es Standing Ovations. Peymann erklärte auch den Titel des voluminösen "Theater/Leben"-Rückblicks (erschienen im Alexander Verlag): Bernhard habe von ihm verlangt, auf dem Dach der Burg eine Fahne mit den Worten "Mord und Totschlag" zu hissen. Ob sie wirklich wehte? Kann man auf Seite 273 nachlesen.

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