Guerrillakampf mit Wort und Bild

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Das 21er Haus versammelt erstmals das künstlerische Werk von Peter Weibel.

Recht. Recht. Recht.“ Auf den Steinfliesen im Eingangsbereich des 21er Hauses steht das Wort mit bunter Kreide überall am Boden geschrieben. Um in die Ausstellung zu gelangen, muss man also „das Recht mit Füßen treten“, so will es Peter Weibel.

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Damit wäre man dann auch schon mitten in der Welt des heute 70-jährigen Medien-Kunst-Theorie-Film-Musik-Zampanos, der liebend gern an Worten, Bildern und ihrer Bedeutung herumschraubt – und sich noch immer diebisch zu freuen scheint, wenn er dabei eine kleine Provokations-Bombe zünden kann.

Peter Weibel – Medienrebell“ heißt die große Ausstellung, die das 21er Haus dem Künstler Weibel (er ist auch Hochschulprofessor, Kurator und vieles mehr) nun ausrichtet. Auf einem Plakat zur Schau, das einem Hollywood-Filmposter nachempfunden ist, rennt Weibel – von der Statur her eher nicht Actionheld – vor einer Explosion davon.

Bilder aus der Weibel-Ausstellung

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PRESSEFÜHRUNG - " PETER WEIBEL - MEDIENREBELL. WAR
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Bumm!

Die großen Zündungen liegen wohl schon eine Weile zurück: Provokateur war Weibel in den 1960er und ’70er Jahren, als er etwa die berüchtigte „Uni-Ferkelei“ der Aktionisten (eigentlich: „Kunst und Revolution“, 1968) mitverantwortete und sich von seiner Partnerin Valie Export wie ein Hund an der Leine durch die Wiener Innenstadt führen ließ.

Doch während Export und die Aktionisten greifbare Werke schufen und heute in Museen gut verankert sind, ließ sich Weibel nie recht fassen: Kunstwerke waren für ihn eher Nebenprodukte eines Denkprozesses, viele verschwanden in Kisten oder wurden – mangels Beständigkeit oder Verkäuflichkeit – einfach weggeschmissen.

Es lag an Belvedere-Vizechef Alfred Weidinger, Weibels Kisten zu durchwühlen und das künstlerische Werk nach und nach greifbar zu machen; einige Installationen mussten auf Basis von Skizzen und alten Fotos neu gebaut werden.

Die Ausstellung, die sich nun in einem Arrangement aus Regalen und Containern im 21er Haus entfaltet, ergibt eine wilde und äußerst amüsante Achterbahnfahrt auf den Spuren eines kreativen Ausnahme-Gehirns.

Anhaltspunkte

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Weibels gedankliche Grundlagen hier zu referieren, ist aussichtslos – schon ein einziger Satz von ihm würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Doch gerade wer sich von den atemlosen Wortkaskaden des Professors überschwemmt fühlt, findet im 21er Haus Anhaltspunkte: Etwa die Spazierstöcke, die mit Buchstaben besetzt sind und Weibels Idee vom Alphabet als „Krücke“ versinnbildlichen. Oder die interaktiven Videos, in denen man sich mit zeitlichem Abstand selbst beobachten kann. Die Idee, dass jedes Medium unseren Platz in der Welt verändert, findet hier stimmige ästhetische Entsprechungen.

Ein Hang zum Kalauer ist dem Künstler nicht abzusprechen – von der „Staatskarosse“, in der er 1972 so lange auf einer österreichischen Flagge saß, bis er wegen „Herabwürdgung des Staates und seiner Symbole“ bestraft wurde, bis zur „Hörbar“, an der man auf Barhockern den Songs des „Hotel Morphila Orchester“ lauschen kann, zieht sich eine Spur des (Wort-)witzes.

Doch Weibel kann auch anders, etwa in einem Raum mit Porträts von Nazi-Schergen und in Beton gegossenen Musikinstrumenten: Die Installation erinnert daran, dass die Kultur zur Zeit der NS-Verbrechen stumm blieb. Nur Singvögel machen hier Lärm.

Zur Person: Der Künstler

Peter Weibel wurde 1944 in Odessa/Ukraine geboren und wuchs in Oberösterreich auf. Er studierte u. a. Medizin, Französisch und Mathematik.
In den 1960er Jahren wurde er mit öffentlichen Aktionen, oft mit seiner Partnerin Valie Export, bekannt; dazu war er Leadsänger der Band „Hotel Morphila Orchester“. Peter Weibel leitete u. a. die Ars Electronica und lehrt an der Universität für angewandte Kunst Wien; seit 1999 leitet er das Zentrum für Kunst und Medientechnologie (ZKM) in Karlsruhe.

Die Ausstellung

Peter Weibel – Medienrebell“ ist bis 18. Jänner 2015 im 21er Haus, Arsenalstraße 1, 1030 Wien, zu sehen. Während der Laufzeit gibt es Performances & Künstlergespräche. Der Katalog beinhaltet viele Interviews mit Weibel und seinen Mitstreitern (488 Seiten, 45 Euro, Verlag der Buchhandlung Walther König).

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