Kauft ihm doch einen Gameboy!

Parzival, verloren in der Comic-Welt: Wunderbar fantasievoll ist das Bühnenkonzept von Patrick Bannwart, auch die Songs von Bernhard Moshammer überzeugen im Akademietheater
David Bösch inszenierte Tankred Dorsts "Parzival"-Fassung im Akademietheater.

Vor vier Jahren brachten die Absolventen des Lehrgangs der "Jungen Burg" in der Regie von Peter Raffalt ihre Version von "Parzival" heraus. Und es war ein hinreißender Abend, voller Poesie und Witz: Der "reine Tor" Parzival tölpelt in die Welt hinaus, verursacht dort jede Menge Sach- bis Personenschäden und stolpert über den heiligen Gral. Eine Geschichte übers Erwachsenwerden, erzählt als Road-Movie, naiv, und doch voller Intelligenz. Ein tödlicher Schwertkampf wurde als Schere-Stein-Papier-Duell erzählt – was für ein wunderbarer Einfall.

Im Akademietheater – und damit sind wir bei David Böschs neuer Inszenierung, die am Sonntag Premiere hatte – wird beim Fechtduell zuerst mit einer eingeblendeten, überlebensgroßen Comicfigur gekämpft, bevor dann eine Puppe in ihre Einzelteile zerlegt wird und ein Kopf über die Bühne rollt. Viel mehr Aufwand – und viel weniger Wirkung.

Bösch ist ein Regisseur mit manchmal überreicher Fantasie. Nestroys "Talisman" schnitt er im Akademietheater mit der Kettensäge in Stücke. Andererseits gelang ihm an der Burg eine unendlich zarte Deutung von "Romeo und Julia" als Pubertäts-Tragödie.

Mit seinem jüngsten Projekt konnte er nur scheitern. Tankred Dorsts "Parzival" ist ein mitunter wirres, überladenes, unfertig wirkendes Durcheinander aus Motiven der Artussage, religiösen Fragen, philosophischen Überlegungen. Eine Bilderflut, in der man nur ertrinken kann. Parzival ist hier der Mensch an sich, der ein Leben lang sucht, nach Gott, nach Liebe, nach Ruhm, nach sich selbst.

Szenenfotos

Kauft ihm doch einen Gameboy!

"PARZIVAL" IM AKADEMIETHEATER
Kauft ihm doch einen Gameboy!

"PARZIVAL" IM AKADEMIETHEATER
Kauft ihm doch einen Gameboy!

"PARZIVAL" IM AKADEMIETHEATER
Kauft ihm doch einen Gameboy!

"PARZIVAL" IM AKADEMIETHEATER
Kauft ihm doch einen Gameboy!

"PARZIVAL" IM AKADEMIETHEATER

Großes Kind

Bösch hat den Text drastisch gekürzt, setzt auf die suggestive Wirkung von Licht und Nebel. Großartig ist der Einsatz von eingeblendeten Comiczeichnungen in bewusst naivem Stil (Bühnenkonzept: Patrick Bannwart), die eine unwirkliche Stimmung erzeugen. Hinreißend sind auch die bewusst kindlich klingenden Songs von Bernhard Moshammer.

Lucas Gregorowicz spielt mit Einsatz und Kraft Parzival als großes Kind, das alles kaputt schlägt, was es nicht versteht. Parzival ist wie ein verwahrloster Jugendlicher. Das ist auch das Problem dieses Abends: Parzival entwickelt sich nicht, er bleibt dumm. Warum man ihm dabei zuschauen soll, wie er sich randalierend durch die Welt pöbelt, bleibt rätselhaft. Manchmal denkt man: Kauft ihm doch einen Gameboy und ein Sackerl Chips, dann gibt er wenigstens Ruhe!

Trotz großartigen Einsatzes von Dietmar König, Daniel Jesch, Oliver Stokowski und Regina Fritsch bleibt der Abend ohne Verführungskraft. Er erinnert mehr an Jugendtheater, als die eingangs erwähnte Jugendtheater-Version von "Parzival".

Fazit: Ein Kind findet nicht heim

Autor Tankred Dorst, geboren 1925, hat sich immer wieder mit Motiven der Artussage befasst.

Stück Sein "Parzival" ist mehr eine Bilder- und Gedankenflut über die menschliche Existenz an sich, denn ein Theaterstück.

Inszenierung David Bösch setzt auf Fantasie und auch auf Kraftmeierei.

Spiel Parzival ist hier ein dummes Kind, das nicht heimfindet. Gespielt wird stark, dennoch erinnert vieles an Jugendtheater.

KURIER-Wertung:

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