"Parfum": Der Blick in die Abgründe der Menschen

Friedericke Becht ist als Profilerin in „Parfum“ in einer kalten, grausigen Welt unterwegs
Ästhetisch, verstörend, düster: ZDFneo startet die Crime-Serie mit einer Doppelfolge (22 Uhr). Hauptdarstellerin Becht im Gespräch.

Der Mord an einer rothaarigen Tänzerin und besondere Tatzeichen am Opfer führen in „Parfum“ (22 Uhr, ZDFneo) Profilerin Nadja Simon (Friedericke Becht) zu fünf früheren Internatsschülern. Die hatten sich mit Süskinds Bestseller und der Idee der Manipulation durch Düfte beschäftigt - was nicht ohne Folgen bleibt. Friedericke Becht über Sehnsüchte, das Frauenbild in dieser Crime-Serie und "Ermittler-Kollege" Juergen Maurer.

KURIER: Was ist Nadja Simon für eine Figur?

Friederike Becht: Nadja Simon ist eine taffe Kriminalbeamtin, die sich zur Fallanalytikerin weitergebildet hat. Sie ist nicht auf den Mund gefallen und kommt in der männerdominierten Welt der Polizei gut klar. Auf den ersten Blick wirkt sie stark und unnahbar, vielleicht auch, weil sie das ausstrahlen will. Hinter dieser Fassade ist da aber viel mehr. Das ermöglicht ihr nachzuvollziehen, was die Täter treibt. Ihr selbst bringt es aber auch ein Verlassenheitsgefühl, das sie in Fallen tappen lässt, in die einsame und zerrissene Menschen wie sie tappen.

Diese Falle ist Staatswanwalt Grünberg, den Wotan Wilke Möhring spielt. Diese Affäre tut keinem von beiden gut, trotzdem lässt sie sich darauf ein. Warum?

Becht: Ich glaube, sie wünscht sich etwas Heiles in ihrem Leben. Einen Mann, der an ihrer Seite steht, jemanden, dem sie vertrauen kann. Ich wüsste aber gar nicht, ob sie damit umgehen kann, denn geprägt ist ihr Leben durch anderes. Das mit Grünberg ist nun wieder etwas Instabiles. Wie das so oft ist, man begibt sich in Dinge, die man noch nicht geknackt hat, und dann dreht man sich im Kreis.

"Parfum": Der Blick in die Abgründe der Menschen

Die Affäre mit dem Staatsanwalt (Möhring) tut der Profilerin nicht gut

Welchen Zugang hatten Sie zu „Das Parfum“ als Buch wie als Film?

Becht: Ich kannte das Buch schon vorher, wir haben es in der Schule durchgenommen. Es hat mir damals schon gut gefallen. Das gilt auch für den Film. Zur Vorbereitung habe ich mir das alles noch einmal reingezogen, um Ansätze zu finden, die ich für unsere Geschichte brauchen konnte. Für die Serie muss man aber weder das Buch gelesen noch den Film gesehen haben. Das steht für sich, es ist eigenständig.

Wo liegen die Berührungspunkte?

Becht: Was das Ganze verbindet ist, dass sich die Figur des Grenouille in gewissen Aspekten der Rollen wiederspiegelt. Es geht hier ja um eine Gruppe Jugendlicher, die motiviert durch das Buch mit Gerüchen experimentiert und die sich überlegen, was sie denn mit dem Geruch erreichen, manipulieren könnten. Ähnlich wie Jean-Baptiste Grenouille sind diese Figuren alle ein bisschen verloren und sie gehen wahnsinnig weit für ihre Sehnsüchte und Begierden.

Rezensenten haben im Vorfeld der Ausstrahlung das Frauenbild in der Serie thematisiert. Es war u. a. von „Frauenverachtung“ die Rede. Wie sehen Sie das?

Becht: Ich finde generell gut, dass man solche Fragen stellt, dass man sich überlegt, ob die Frau da schlechter dasteht als der Mann. Da ist durch #MeToo einiges in Gang gekommen. In „Parfum“ haben alle Figuren, unabhängig von ihrem Geschlecht, einen Knacks. Männer wie Frauen sind hier letztendlich Opfer und Täter. Wie und warum, das ergründet sich nach und nach.

"Parfum": Der Blick in die Abgründe der Menschen

Die Ermittler, darunter Juergen Maurer (r.), untersuchen Opfer und Tatzeichen

Parfum“ zeichnet sich auch durch eine besondere Ästhetik und Bildsprache aus. Hatte das Auswirkungen auf das Spiel?

Becht: Nein gar nicht. Ich gehe da einfach rein, nutze was ich habe, mache mir keine Gedanken über Licht und Einstellung und spiele einfach. Das ist für mich das Wichtigste. Da ist mir die Technik recht egal. Es ist natürlich wunderbar, dass man hier die besonderen Möglichkeiten, die es gibt, genutzt hat. Aber da verlasse ich mich komplett auf den Kameramann. Ich nutze meine Fähigkeiten und er seine und es ist schön, wenn das Ergebnis stimmt.

Ein Ermittler-Kollege ist der Österreicher Juergen Maurer. Wie war es mit ihm zu spielen? Schon am Anfang der Serie gibt es da eine Begegnung, in der es privat wird.

Becht: Es war sehr schön, mit ihm zu arbeiten. Er ist ein Kollege, dem man sehr schnell vertrauen kann, man fühlt sich sicher mit ihm. Er ist ein sehr zugewandter, offener Mensch, mit dem man auch ausprobieren kann, ein suchender Schauspieler, mit sehr offener Kommunikation. Man kommt dadurch sehr gut zueinander, was für das Spiel sehr wichtig ist. Und er war witzig, hat viele Späße gemacht - in der Rolle nicht unbedingt, aber in den Momenten dazwischen.

INFO

High-End-Serie: Das Drehbuch zu „Parfum“ schrieb Eva Kranenburg, Regie führte Philipp Kadelbach („Unsere Mütter, unsere Väter“).

Der Cast: Neben Friederike Becht spielen u. a. August Diehl, Wotan Wilke Möhring, Natalia Belitski, Ken Duken und Juergen Maurer.

Zur Person Friedericke Becht: 1986 geboren, Schauspielausbildung in Berlin. Ensemblemitglied u. a. in Essen und Bochum. Filme: „Westwind“, „Der gleiche Himmel“, „Käthe Kruse“, „Die Vierhändige“.

Sendedaten: sechsteilige Crime-Serie, ab Mittwoch, 14. November 2018, 22.00 Uhr in ZDFneo; alle Folgen in der ZDF-Mediathek abrufbar. Ausstrahlung im ZDF ab Anfang 2019 und weltweit über Netflix.

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