KURIER: „Panzerschloss“ ist unfreiwillig aktuell. Wie ist die Geschichte entstanden?
Lisa Aigelsperger: Aus alltäglichen Streitigkeiten von unseren Kindern im Hof. Kinder können ihre Wut oder ihre Gefühle noch nicht benennen und manchmal kommen sie dabei ins Schubsen oder Ähnliches. Oft schämen sie sich danach, weil sie schon wissen, dass es nicht in Ordnung ist, anderen wehzutun.
Wie kann man Kindern Krieg überhaupt erklären?
Lisa Aigelsperger: In einem Rahmen, den sie verstehen, abhängig vom jeweiligen Alter. Also dort anknüpfen, was sie bereits mitbekommen haben. Was bedeutet Streit, was sind Missverständnisse, was sind Konflikte auf größerer Ebene? So könnte ein Bogen zu Krieg geschlagen werden. Es ist wichtig, das Thema in einer kindgerechten Form zu vermitteln. Dabei wäre es gut, so konkret wie möglich zu sein, ohne dabei Angst zu vermitteln. Ihre Fragen sollten beantwortet, ihre Ängste verstanden werden.
Beatrice Cozzolino: Kinder werden Krieg nie so verstehen, wie es sich Erwachsene vorstellen. Was Kinder stattdessen verstehen können, ist der Verlust, die Abwesenheit, die Distanz. Wir werden uns des Krieges bewusst, wenn uns etwas oder jemand weggenommen wird.
Streiten gehört zum Leben dazu wie Liebe und Versöhnung. Haben wir das Diskutieren, Streiten verlernt?
Lisa Aigelsperger: Ja, haben wir. Ich habe auch das Gefühl, dass gerade die passive Aggressivität zunimmt, die dann an unterschiedlichen Stellen herausbricht. Oft setzen wir unausgesprochen Dinge beim Gegenüber voraus, die der andere nicht erfüllen kann, und sind dann enttäuscht. Wir führen „Streitgespräche“, beharren aber auf der eigenen Meinung und so bleibt vieles unausgesprochen und vor allem ungefühlt. Deswegen ist es gerade bei Kindern wichtig, dass sie ihren Gefühlen freien Lauf lassen dürfen und sie nicht dafür verurteilt werden. Alles kann direkt angesprochen werden, Fehler dürfen sein, nichts soll verniedlicht, nichts verschwiegen werden.
Beatrice Cozzolino: Es ist wichtig, Kindern beizubringen, wie man Kompromisse eingeht, wie man teilt, wie man verliert, aber auch, wie man gewinnt. Kommunikation ist die Grundlage einer guten Erziehung, denn sie beinhaltet aktives Zuhören und Respekt vor der Individualität.
Was ist Ihnen beim Schreiben wichtig?
Lisa Aigelsperger: In meinen Büchern ist es mir wichtig, dass schwierige Themen direkt angesprochen werden, weil sie im Alltag oft untergehen. Meine Bücher sollen eine Plattform sein, auf der Kinder sich mit schwierigen Gefühlen nicht alleine fühlen. Gleichzeitig ist es mir wichtig, dass die Bücher auch Erwachsene zum Nachdenken anregen und sie sich im Anschluss gemeinsam mit den Kindern über die Themen auseinandersetzen. Ich möchte Gedanken freisetzen, auch schon für Kinder Interpretationsspielraum lassen.
Beatrice Cozzolino: Kinderbücher haben eine große pädagogische Bedeutung. Ein gutes Buch sollte zwei Grundzutaten haben: Magie und Poesie. Und natürlich Zeichnungen. Ich habe schon immer die Kraft der Illustrationen geliebt.
Buch: „Panzerschloss“ ist Lisa Aigelspergers dritter Band der Reihe „Was wir mit dem Herzen sehen“. Es ist ein Buch über Freundschaft und Streit – und über die Kraft der Fantasie, mit der sich sogar Panzer versetzen lassen. Lisa Aigelsperger, Beatrice Cozzolino: „Panzerschloss“. Leykam. 32 Seiten. 15 Euro
Lisa Aigelsperger: Die Steirerin (30) arbeitet als freie Regieassistentin fürs Theater und schreibt nebenbei Kinderbücher.
Beatrice Cozzolino: Die gebürtige Italienerin (31) ist Mitglied des Grazer Kinder- und Jugendtheaters Liberty. Sie kann obendrein noch einmalig illustrieren.
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