Panik macht in Japan einfach keinen Sinn

Panik macht in Japan einfach keinen Sinn
Judith Brandner kann Vorurteile über Japaner nicht mehr hören. In ihrem neuen Buch geht es ihr "darum, ein anderes Bild von Japan zu zeigen".

Die Radiojournalistin, eine studierte Japanologin, hat lange in Japan gelebt, war ORF -Korrespondentin und hatte zwei Jahre jeweils ein Semester eine Gastprofessur an der Universität Nagoya inne. Über ihre Erfahrungen hat sie 2011 im Picus-Verlag berichtet: "Kratzer im glänzenden Lack". Nun erscheint ihre zweite Japan-Reportage: "Außer Kontrolle und in Bewegung".

"Es geht mir darum, ein anderes Bild von Japan zu zeigen", sagt die Journalistin. Es stimme nicht, dass die Japaner "immer so gelassen" seien, wie das nach den Katastrophen von 2011 in europäischen Medien systematisch behauptet wurde.

Katastrophen in der Mehrzahl. Denn neben dem Atomunfall hat es im März 2011 in der Nähe der nordjapanischen Millionenstadt Sendai zunächst ein Erdbeben und dann einen Tsunami gegeben, dem 20.000 Menschen zum Opfer gefallen sind. Wird dieser März 2011 die japanische Gesellschaft langfristig verändern? Brandner begibt sich auf Spurensuche. Sie trifft auf alte Herren, die als Anti-AKW-Aktivisten so lange im Regierungsviertel kampieren, bis Japan aus der Atomtechnologie ausgestiegen ist. Sie begleitet Freiwillige, die sich um alleingelassene Menschen kümmern, und sie besucht einen Tempel, dessen Priester sich um Kinderseelen sorgt.

Die Japaner, sagt Brandner, haben diszipliniert reagiert, weil sie Naturkatastrophen gewohnt sind. Der Herbst ist Taifunzeit, Erdbeben gibt es immer wieder, Vulkanausbrüche und Tsunami. Die Natur ist in Japan beides: Bedrohlich und unkalkulierbar, aber auch ein Objekt der Bewunderung und der Wertschätzung. Man lebt mit alledem. Panik hat einfach keinen Sinn.

"Ich habe viel gelernt in meiner Zeit in Japan. Höflich miteinander umgehen, einander Respekt zollen. Das schätze ich sehr."

Brandners Bericht über die großen Katastrophen von 2011 ist ein leises, nachdenkliches Buch. An einem unbewohnbar gewordenen Ort trifft sie einen Mann, der zu ihr sagt: "Es sind die kleinen Dinge, die uns traurig machen, wenn sie nicht mehr da sind."

INFO:

Buchpräsentation Montag, 12.3., 19.30 Uhr. TAG Theater an der Gumpendorfer Straße, 6., Gumpendorfer Str. 67.

Judith Brandners Reportagen im Radio: "Das Leben der Evakuierten von Futaba". Ö1-Journal Panorama, vom 27. 2. 2012. " Glück – auf der japanischen Insel Oki". Ö1-Diagonal: 25. 2. 2010.

Alle Sendungen kann man unter audioservice@orf.at bestellen.

Von 5. bis 8. März brachte Ö1 das Radiokolleg "Japan – ein Jahr nach der Katastrophe". Noch diese Woche nachzuhören unter http://oe1.orf.at/

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