Seit damals hat der in Wien lebende Kärntner einige Singles und 2023 sein Debüt-Album „Teenage Lullabies“ veröffentlicht. Zum Popfest 2024 bringt er aber auch neue Songs mit. Zum Beispiel das im Februar veröffentlichte „Food Poisoning“. „Da geht es natürlich nicht um eine Lebensmittelvergiftung“, lacht Haag. „Der Song handelt vom Wunsch, wegzuwollen, sich wohin zu verpflanzen, wo es keinen Stress und keinen Druck gibt.“
Meint Haag damit den Stress der unsicheren Zeit, die Angst der Jugend vor einer Zukunft, die von Klimakatastrophen und dem Rechtsruck geprägt sein könnte? „Ja, das schwingt auf jeden Fall mit“, sagt er. Und er führt aus:
„Unserer Generation wird oft viel Schlechtes nachgesagt. Aber ich finde, wir sind eine coole Generation – eine extrem politisch aktive Generation, wenn ich an all die ‚Fridays for Future‘-Demos oder die Demos gegen Rechts denke, die so wichtig sind. Kürzlich hat mir der Ausgang der Wahl in Frankreich Hoffnung gegeben. Aber Donald Trump in den USA! Dass so ein Idiot in so einem mächtigen Land zur Wahl steht, ist Wahnsinn. Und ich habe auch große Sorge wegen der Nationalratswahl in Österreich. Man hat bei der Europawahl gemerkt, wie stark die FPÖ ist, und Herbert Kickl macht mir wirklich Angst.“
Ultimative Liebe
Mit „He’s Good For You“ und „Parents“ hat Haag noch zwei andere neue Songs im Programm. Der erste handelt von der ultimativen Form von Liebe, wenn man einer Person, die jemand anderen liebt, alles Gute dafür wünschen kann, weil man nur will, dass sie glücklich ist. „Meine Freundin weint immer, wenn ich ihr das vorspiele“, sagt Haag, der der Sohn von Oliver Welter, dem Gitarristen und Mastermind der Indie-Rock-Band Naked Lunch, ist.
„Parents“ ist ein Song über den Druck, den man als Jugendlicher vom Elternhaus bekommt. „Das sind nicht unbedingt meine Erfahrungen. Es geht eher darum, dass Eltern häufig Erwartungen haben, was man zum Beispiel beruflich macht. Ein bisschen habe ich da auch hineingemischt, was Leute wegen meines Vaters von mir erwarten. Ich bin selbst ein riesiger Naked-Lunch-Fan, und dem gerecht zu werden, ist schon eine große Nummer.“ Welter fungiert in Haags Karriere als Berater, nicht als Produzent. „Ich schicke ihm Sachen, und er gibt mir Anmerkungen dazu, was er anders machen würde. Manchmal greife ich das auf, und manchmal sage ich: „Nein, da bin ich gar nicht deiner Meinung.‘“
Neues ausprobieren
Für jüngere Songs wie „Wake The Neighbors“ hat Oskar Haag mit dem Produzenten Alex The Flipper zusammengearbeitet: „Das ist mein Weg, Neues auszuprobieren. Alex kommt aus dem Hip-Hop, und wenn sein Soundverständnis auf mein Singer/Songwriter-Ding prallt, entstehen interessante Sachen.“ Ein Beispiel dafür ist der Song „Wake The Neigh-bors“, den Haag am Popfest nicht spielen wird. „Der simple Grund dafür ist, dass ich da das erste Mal nicht alleine, sondern mit Band auftrete. Weil ich da keine Erfahrung habe, wollte es so einfach wie möglich machen. ‚Wake The Neighbors‘ ist sehr elektronisch, und selbst mit Band hätten wir dafür Backing-Tracks gebraucht, was ich für den Anfang nicht wollte.“
All diese Songs sind Vorboten von Haags zweitem Album. Nächstes Jahr wird es erscheinen und „Lost Cause“ („Hoffnungsloser Fall“) heißen. Das haben Lehrer zu ihm gesagt, als er 13 Jahre alt war. Er empfand das als „so arg“, dass er sich die Phrase auf den Arm tätowieren ließ und den Titelsong der Platte darüber geschrieben hat.
Reiner Selbstausdruck
Auch als Schauspieler ist Haag erfolgreich. Er begann damit als Kind, weil die Mutter Maskenbildnerin ist, und er „immer bereit war, es zu machen“, wenn in einem ihrer Stücke ein Bub gebraucht wurde. Jüngst spielte er im Kinofilm „Im Land der starken Frauen“ den Künstler Arnulf Rainer. Und im Burgtheater stand er 28-mal in Tina Laniks Inszenierung von Shakespeares „Wie es euch gefällt“ auf der Bühne.
„Es wird gerade darüber gesprochen, ob ‚Wie es euch gefällt‘ in die nächste Saison geht“, erzählt Haag. „Das wäre toll, weil es extrem viel Spaß gemacht hat. Aber so sehr ich die Schauspielerei liebe: Wenn ich wählen müsste, würde ich mich für die Musik entscheiden. Denn das ist reiner Selbstausdruck. Da kann ich wirklich alles machen, was ich will, und das brauche ich.“
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