Oscar Wildes sprachliche Brillanz

Oscar Wildes sprachliche Brillanz
Kritik: Das Theater in der Josefstadt hat Oscar Wilde wiederentdeckt: "Lady Windermeres Fächer" begeistert vor allem sprachlich.

Die Josefstadt spielt Oscar Wildes "Lady Windermeres Fächer". Das ist schon einmal eine gute Idee: Man kann nicht genug Oscar Wilde spielen – davon wird die Welt besser. Wilde (1854–1900) war, ähnlich wie Nestroy oder Karl Kraus, ein ebenso scharfer Beobachter wie Formulierer. Ihm dabei zuzuschauen, wie er mit Sprache jongliert, ist ein ganz großer Genuss.

"Lady Windermeres Fächer" zu spielen, ist ebenfalls eine gute Idee: Das ist ein Stück, wie es nur Wilde schreiben konnte. Es besteht fast zur Gänze aus aneinander gereihten Aphorismen und funktioniert dennoch prächtig, und zwar sowohl als Gesellschaftssatire wie als Verwechslungskomödie.

Wie scharfsinnig Oscar Wilde war, belegt die Tatsache, dass die zahlreichen berühmten Zitate aus diesem Stück heute noch immer stimmen: "Ich kann allem widerstehen, außer der Versuchung." – "Ein Zyniker ist ein Mensch, der von allem den Preis und von nichts den Wert kennt." – "Erfahrung ist der Name, den jeder seinen Fehlern gibt." – "Wenn die Leute mir zustimmen, habe ich immer das Gefühl, ich muss mich irren." Virtuoser, böser und eleganter geht es nicht.

Jonasson!

Das Stück im Theater in der Josefstadt spielen zu lassen, ist ebenfalls keine schlechte Idee: Hier beherrscht man den für solche Texte notwendigen scheingemütlichen Plauderton.

Und wenn die große Andrea Jonasson – in der Rolle der "gefallenen" Mrs. Erlynne – mit ihrem Charisma das Haus füllt, ist Widerstand sowieso zwecklos. Pauline Knof als sittsame Lady Windermere neigt ein wenig zum Händeringen, gestaltet die Rolle sonst aber ganz reizend. Ebenfalls stark: Martin Niedermair als Frauenheld Lord Darlington, Bernd-Christian Althoff als zynischer Cecil Graham oder Raphaela Möst als naive Lady Agatha. Der sonst so starke Christian Nickel muss als Lord Windermere so verzwickt dreinschauen, als hätte die Figur Verstopfung.

Regisseur Janusz Kica inszeniert das doch ein wenig museal wirkende Stück rund um elizabethanische Moral-Heuchelei überaus bedächtig, um nicht zu sagen: zu langsam. Das ist dann vielleicht keine so gute Idee, kann den Abend aber nicht ruinieren.

Viel Applaus, Bravos.

KURIER-Wertung: **** von *****

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