ORF-Direktoren: Differenzen zwischen SPÖ und ÖVP

Schwierige Teamfindung für ORF-Chef Wrabetz
Tauziehen um Kaufmännischen Direktor, Kompetenzen und Gebührenerhöhung

Der ORF-Stiftungsrat bestellt am Donnerstag auf Vorschlag von ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz die neuen Fach-Direktoren und ORF-Landeschefs. Am Vorabend der Wahl wurde zwischen SPÖ und ÖVP bis tief in die Nacht hinein über mögliche Personallösungen verhandelt - ohne, dass es eine Einigung gegeben hat, bei der Wrabetz bei anstehenden Abstimmungen etwa über die Gebühren auf eine stabile Mehrheit setzen könnte. Für Donnerstagfrüh waren aber weitere finale Gespräche angesetzt.

Die ÖVP forderte laut APA nicht nur den Posten des Kaufmännischen Direktors, sondern beanspruchte dem Vernehmen nach auch einen eigenen ORF-Generalsekretär beziehungsweise die Kompetenzen für Personal und Recht. Im Gegenzug standen ein konstruktiverer Kurs in den ORF-Gremien und die Zustimmung zur Erhöhung der Rundfunkgebühren im Raum. Die SPÖ lehnte die Forderungen ab.

Als Anwärter auf den Posten des Kaufmännischen Direktors wurden ÖVP-Wunschkandidat Roland Weissmann, er war Grasls rechte Hand und verwaltete zuletzt als Leiter der Programmwirtschaft bereits die Millionen-Budgets im ORF-Fernsehen, "Standard"-Geschäftsführer Wolfgang Bergmann sowie Ex-Post-Vorstand Herbert Götz gehandelt. Für den Fall dass es zwischen SPÖ und ÖVP nicht doch noch zu einer Einigung kommt, wurde auch Andreas Nadler, seit Jahren Leiter der ORF-Finanzwirtschaft, als möglicher Finanzdirektor kolportiert. Für die Radiodirektion wird weiterhin FM4-Chefin Monika Eigensperger als Favoritin genannt. Als Fixstarter gelten Kathrin Zechner als Programmdirektorin und Michael Götzhaber als Technischer Direktor.

Wrabetz braucht für die Bestellung seines Teams im 35-köpfigen ORF-Stiftungsrat zumindest wieder jene 18 Stiftungsräte, die ihn bei der Wahl des Generaldirektors am 9. August gewählt hatten. Der von der SPÖ unterstützte ORF-General erhielt damals die Stimmen der 13 Vertreter des SPÖ-"Freundeskreises", der zwei unabhängigen links stehenden Betriebsräte sowie die des Kärntner Stiftungsrats Siggi Neuschitzer, des Grünen Wilfried Embacher sowie jene von NEOS-Stiftungsrat Hans Peter Haselsteiner. Für den von der ÖVP favorisierten Finanzdirektor Richard Grasl, der mit Jahresende aus dem ORF ausscheidet, votierten die 13 Stiftungsräte des ÖVP-"Freundeskreises", FPÖ-Stiftungsrat Norbert Steger und Team Stronach-Vertreter Günter Leitold. Die unabhängige Betriebsrätin Gudrun Stindl sowie der unabhängige Regierungs-Stiftungsrat Franz Küberl enthielten sich der Stimme.

Nach dem Votum über die Fachbereichsdirektoren wird am Donnerstag auch noch über die 9 Landesdirektoren abgestimmt. Veränderungen dürfte es dabei nur in Salzburg und im Burgenland geben. In Salzburg muss der unter der früheren SPÖ-Landeshauptfrau Gabi Burgstaller bestellte Roland Brunhofer auf Wunsch von ÖVP-Landeshauptmann Wilfried Haslauer seinen Sessel räumen. Im Burgenland soll Landesdirektor Karlheinz Papst auf Drängen der dortigen SPÖ abgelöst werden. Als Wunschnachfolger gilt Werner Herics, Leiter Organisation im ORF-Standortprojekt.

Im Zuge der Wahl des neuen Direktoriums will ORF-Chef Wrabetz auch gleich den Boden für eine Erhöhung der Programmentgelte aufbereiten, war zu hören. Ein entsprechender Antrag auf Festlegung der Gebühren muss laut Gesetz bis spätestens Mitte November erfolgen. In der mittelfristigen Finanzvorschau des ORF wurde eine rund 10-prozentige Erhöhung beziehungsweise Inflationsanpassung ab 2017 angesetzt. Kommt diese nicht, droht dem Sender im kommenden Jahr eine Finanzlücke von an die 100 Millionen Euro, wie Finanzdirektor Grasl in seinem Bewerbungskonzept zur Generaldirektorswahl angedeutet hatte. Bei dieser Höhe könnten im ORF erstmals auch Flächenkündigungen zum Thema werden.

Die Programmentgelte machten im Vorjahr 653 Millionen aus. Davon bekam die GIS 15,2 Mio. für die Einhebung und das Finanzministerium 59,4 Mio. an Umsatzsteuer. 578,4 Mio. verblieben netto beim ORF. Weitere 55,7 Mio. gingen unter dem Titel Radio-/Fernsehgebühr an das Finanzministerium, 18,4 Mio. landeten als Kunstförderbeitrag im Bundeskanzleramt, 135,3 Mio. flossen als Landesabgabe an die Bundesländer. Nur Oberösterreich und Vorarlberg heben keine Landesabgaben ein. Das Gesamtvolumen der Rundfunkgebühren betrug damit 862,3 Mio. Euro.

Bei einer etwaigen Abstimmung über eine Gebührenerhöhung sind im 35-köpfigen ORF-Stiftungsrat die Belegschaftsvertreter nicht stimmberechtigt. Wrabetz braucht deshalb in diesem Fall auch die Unterstützung von Gremienmitgliedern, die ihm bei der Wahl zum Generaldirektor die Stimme versagt hatten.

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