Die Anklänge an den Surrealismus und an Ideen, die in den 1970er Jahren von der Gegenkultur in den Mainstream sickerten, stehen im konzeptuellen Zentrum des österreichischen Biennale-Pavillons. In der Praxis ist dieser aber kein Zitatelehrpfad, sondern eine knallbunte Saalabfolge, in der die ausgeschnittenen und durchgewürfelten ästhetischen Ideen für eine durchaus erwünschte Quietschigkeit sorgen.
Wobei Knebl und Scheirl nicht nur aus Vintage-Wohnkatalogen und Stoffmusterbänden einer Heerschar Inneneinrichter zitieren, sondern nicht zuletzt voneinander: Die Künstler*innen, seit 2005 privat verpartnert, spielen permanentes ästhetisches Ideen-Pingpong.
Das Netz geht dabei direkt durch den symmetrisch aufgebauten Pavillon: In jeder Hälfte hat eine der beiden dann doch ihr Territorium. Wobei der zentrale Unterschied darin besteht, dass Scheirl Maler*in ist; ihre Installation ist ein begehbares Bild, aus gestaffelten Kulissenelementen aufgebaut, vorne lädt ein zur Seite gezogener Vorhang ganz klassisch zum Eintreten ein. Weiter hinten zeigen drei Leinwandbilder, die wiederum fließend zur Hintergrundtapete übergehen, Scheirls herausragende Fähigkeit, unterschiedlichste Modi der Malerei – vom Realismus bis zur gestischen Abstraktion – in einem Bild zu synthetisieren.
Knebl ist ihrerseits Arrangeur*in von Körpern, Skulpturen und Modekreationen – im Pavillon fallen etwa jene an den Surrealisten Hans Bellmer gemahnenden, aus üppigen Gliedmaßen bestehenden Skulpturen auf, die auf fließenden Sockelformen, entlehnt bei Designer Verner Panton, platziert sind. Aber auch Shirts mit „Atomkraft Nein Danke“-Logo oder jenem der Krautrockband CAN stechen ins Auge.
Die 70er-Ästhetik entfaltet allerdings nicht so recht die assoziative Kraft, die sich laut Konzept einstellen sollte: Von der Ölkrise über Atomkraftproteste bis zum Siegeszug des Neoliberalismus denken sich die Künstler*innen viele Gegenwartsbezüge, die aber im schweren Samt des Retro-Chics Schwierigkeiten haben, sich bemerkbar zu machen. Auch Knebls Idee einer Rohrkonstruktion, die ans Centre Pompidou erinnern soll, bleibt in eben jener stecken.
Das Zusammendenken von Gegensätzen und die Formbarkeit von allem (das Genderthema haben wir noch gar nicht erwähnt!) exerzieren Knebl/Scheirl aber mit Verve vor. Ohne dass die Künstler*innen davon wissen konnten, finden sich viele Anschlusspunkte an die stark vom Surrealismus beeinflusste internationale Hauptschau der Kuratorin Cecilia Alemani, die gleich ein paar Schritte weiter mit hybriden Skulpturen empfängt. Knebl/Scheirl liegen mit ihrer Kunst also nah am Geist der Zeit, was in Venedig nicht unbedeutend ist. Schließlich ist so ein Pavillon auch eine knallharte Renommee-Maschine.
Kommentare