NS-Zeit: "Geschlafen hab’ ich in der Kohlenkiste"

Aufgeben gilt nicht: Meine Tante Elfi erfreut sich an den Blumen in den Vorgärten. Ärgerlich an der Corona-Zeit ist nur, dass sie nicht in „Die grüne Hütte“ beim Prater essen gehen kann
Wie meine Tante Elfi, in der NS-Zeit dienstverpflichtet zur Deutschen Erdöl AG, nach Ostern 1945 den Rückzug der Wehrmacht miterlebte.

In einer Woche, am 16. Mai, wird meine Tante Elfi 96 Jahre alt. Sie lebt allein – und versorgt sich, unterstützt von ihren Nachbarn, selbst. In den letzten Wochen habe ich sie natürlich nicht in ihrer Wohnung am Rande des Praters besucht. Aber wir sind spazieren gegangen. Dabei haben wir, weil vor 75 Jahren der Zweite Weltkrieg zu Ende gegangen ist, über die turbulente Vergangenheit geredet. Und damit über das ganz normale Schicksal einer jungen Frau, die in der NS-Zeit dienstverpflichtet wurde.

Thomas Trenkler: Du kamst mit vier Jahren von Wien ins Marchfeld. Denn dein Vater wurde Betriebsleiter einer Zuckerfabrik in Leopoldsdorf. Wie kam es denn dazu?

Elfriede Pracher: Mein Vater war Elektroingenieur bei Siemens & Halske und wurde als Leiharbeiter an die Zuckerfabrik von Leipnig-Lundenburger AG verborgt. Dann hat man ihm angeboten, die Fabrik zu leiten. Das war 1928. Manchmal nahm mich mein Vater mit in die Fabrik. Wenn mir auffällt, dass zwei Stück Würfelzucker zusammenkleben, also nicht richtig durchgeschnitten sind, denk ich mir immer: „Da hätt’ der Papa geschimpft! Das ist schlampig!“ Früher wäre das von den Frauen mit den Häubchen aussortiert worden.

Ihr habt in der Villa beim Eingangstor gewohnt. War dir als Einzelkind nicht fad?

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