Was können diese Fotos heute darstellen? Sind sie aus dem damaligen Feminismus in die heutige Frauenfeindlichkeit gerutscht? Warum wird nur diese eine Gruppe – schöne, weiße Frauen – dargestellt und andere nicht?
Diesen sehr zeitgemäßen Fragen, die schnell kontroversiell werden, stellt sich das Kunstforum – und lässt die beiden Master-Studentinnen Vidya Giridharan und Talia Radford von der Angewandten die Ausstellung begleiten, in Form eines kontinuierlichen Dialogs mit dem Publikum sowohl in der Ausstellung als auch online.
„Diese Kunst wurde damals völlig anders gesehen, als sie heute gesehen wird“, sagt Giridharan im KURIER-Gespräch. Und es sei wichtig, die Konversation genau darüber zu führen: „Lasst uns darüber reden“, sagt Radford (Gelegenheit dazu gibt es in einem Podcast, der die Ausstellung begleitet, auf Social Media und vor Ort).
Gerade Newtons in den 1970ern und -80ern entstandene Kunst könne nämlich „sehr notwendige Diskussionen“ aufwerfen: Über die Darstellung von Körpernormalität, über Diversität, über den männlichen Blick – und auch über die Generationen-Unterschiede im Feminismus.
Denn auch derartige Bewegungen „haben eine Geschichte“, sagt Radford. Und die verschiedenen Generationen von Feministinnen, die die Fotografien Newtons durchaus anders sehen, „müssen miteinander in Kontakt treten. Dafür gibt es hier eine großartige Möglichkeit“.
Jemand „aus den 70ern oder 80ern könnte diese Fotografien ganz anders interpretieren als jemand aus der jetzigen Generation“, sagt Giridharan. Die Fotografien könnten als „soziales Objekt“ diese und weitere spannende Konversationen über Themen, die die Menschen beschäftigen, starten.
Dabei gehe es nicht darum, dem Publikum den „richtigen“ kunsthistorischen Kontext zu geben – etwa, wie wegweisend Newtons Fotografien zu seiner Zeit waren. „Es geht vielmehr darum, zu hören, was das Publikum sagt“, nicht zuletzt im „sehr schnellen, sehr meinungsstarken und assoziativen Blickwinkel der sozialen Medien“.
Die Institution, die – wie Radford betont – den Dialogort ja im Namen trägt, könne hierzu beitragen, indem sie den Konversationen Raum gibt. „Es ist aufregend, dass das Kunstforum sich entschieden hat, Helmut Newton und das, was er für die Modefotografie geleistet hat, zu zeigen. Und dass sich das Kunstforum bewusst ist, welche Kontroversen derartige Fotos heute umgeben könnten.“
Das haben die beiden an der Uni gemerkt: „Manche unserer Kollegen waren völlig dagegen, überhaupt mit Helmut Newtons Werk vom Human-Rights-Standpunkt aus in Dialog zu treten.“
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