Neujahrskonzert ohne Publikum, Philharmoniker "klatschen vielleicht selbst“

Neujahrskonzert ohne Publikum, Philharmoniker "klatschen vielleicht selbst“
Die Wiener Philharmoniker spielen das größte Klassik-Event der Welt mit Dirigent Riccardo Muti, aber nur für das Fernsehen.

Eines ist nun sicher: Das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker wird stattfinden. Und zwar im Goldenen Saal des Musikvereins, mit dem Blumenschmuck der Wiener Stadtgärten, etlichen TV-Kameras sowie einer Live-Übertragung in die ganze Welt und mit Stardirigent Riccardo Muti (zum sechsten Mal) am Pult. Aber ohne Publikum.

„Dieses Konzert soll ein Symbol der Hoffnung und des Optimismus werden“, erklärte denn auch Philharmoniker-Vorstand Daniel Froschauer bei einer virtuellen Pressekonferenz. „Wir sind froh und glücklich dieses, wohl historische Neujahrskonzert spielen zu dürfen. Dramaturgisch jedoch haben wir noch einiges vor uns. Das Programm steht in enger Abstimmung mit Riccardo Muti seit Februar. Aber wenn dann eine Polka schnell abrupt abbricht, und keiner darf applaudieren – dann müssen wir uns gemeinsam mit unserem Partner ORF etwas einfallen lassen. Wahrscheinlich werden wir Stücke ganz ohne Pause zusammenfassen“, so Froschauer.

Neujahrskonzert ohne Publikum, Philharmoniker "klatschen vielleicht selbst“

Etwas Besonderes

Und: „Wir müssen und wir werden das Beste aus dieser Situation machen. Aber die Stärke des Signals, das wir aussenden, ist etwas Besonderes.“ Doch wie wollen die Philharmoniker dieses so besondere Neujahrskonzert logistisch hinbekommen?

Froschauer: „Wir werden das Orchester zweiteilen. Da auch an der Wiener Staatsoper nur für das Fernsehen (ORF III überträgt einige hochkarätige Produktionen live, Anm.) gespielt werden darf , ist das kein Problem. Es wird somit ein Neujahrskonzertorchester und ein Opernorchester geben. Beide Gruppierungen bleiben unter sich. Regelmäßige Tests sind Pflicht.“

Etwas Neues

Aber ein Neujahrskonzert so ganz ohne Publikum – wie soll da das traditionelle Mitklatschen beim „Radetzkymarsch“ funktionieren? Froschauer lachend: „Vielleicht werden wir auch selbst klatschen. Es sind beim ,Radetzkymarsch’ ja nicht alle Musiker beschäftigt. Wir sind hier aber auch in ständigem Austausch mit Maestro Muti, der stets via Video-Konferenzen am Klavier sitzt und mit uns alles probiert. Das ist für uns alle etwas Neues. Und Muti hat schon im Juni und in Salzburg bewiesen, dass er für die Musik alles auf sich nimmt. Wir werden somit seinen bevorstehenden 80. Geburtstag im Jahr 2021 mit ihm musikalisch in Wien, in Salzburg, an der Mailänder Scala und an vielen anderen Orten feiern.“

Was zudem bleiben wird? Die zwei Balletteinlagen, die so Froschauer „bereits aufgezeichnet wurden“. Auch den bekannten Pausenfilm wird es wieder geben; der ORF war heuer diesbezüglich im Burgenland extrem aktiv.

Froschauer: „Das Pandemie-Jahr 2020 wird wohl jedem in Erinnerung bleiben. Für 2021 aber wollen wir den Menschen weltweit Hoffnung geben. Das Neujahrskonzert ist mehr als ein philharmonisches Konzert, es ist ein absolutes Herzensanliegen.“

Stichwort: Die philharmonischen Konzerte. Wie geht es da weiter? Froschauer: „Alle Karten für das Neujahrskonzert werden finanziell rückabgewickelt, und die Besitzer haben ein Vorrecht für 2022. Was die regulären philharmonischen Konzerte betrifft, so müssen wir abwarten, wie es von Seiten der Regierung ab dem 7. Jänner 2021 weitergeht. Wir wollen spielen und sind überglücklich, dass immerhin das Neujahrskonzert stattfinden darf.“

Wirtschaftlich – so Philharmoniker-Geschäftsführer Michael Bladerer – „war 2020 ein schwerer Schlag für uns, wie für alle andere Institutionen auch. Wir haben extreme Verluste und auch viele Konzerte verloren.“ Aber, so Froschauer: „Umso wichtiger ist es, dieses Konzert als Zeichen zu setzen.“

Virtueller Applaus aus aller Welt

Eine Premiere gibt es der Umstände halber auch: Im Musikverein soll durch ein ORF-Projekt Live-Applaus aus aller Welt eingespielt werden. Wer mitmachen will, kann sich hier registrieren.

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