Neujahrskonzert: Was wird gespielt und warum fliegt dabei ein Raumschiff?
Hinweis: Die Kritik zum Neujahrskonzert 2025 lesen Sie hier: Riccardo Muti und die süße Pein des Seins
Der Wiener geht, so heißt es, zwei Mal im Leben ins Kunsthistorische Museum – ein Mal als Kind, und ein Mal mit dem Enkerl an der Hand. Und zwei Mal pro Jahr hört man normalerweise die Musik der Strauss-Dynastie: am 31. 12. bei der „Fledermaus“ und am 1. 1., im Fernsehen und Radio, beim Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker.
Das wird zwar heuer ganz, ganz anders werden – denn das gesamte Jahr 2025 steht musikalisch im Zeichen von Johann Strauss Sohn, dessen 200. Geburtstag groß gefeiert wird. Dennoch ist bereits im Vorfeld absehbar: Gleich dieses Konzert am 1. Jänner im Goldenen Saal des Musikvereins wird ein Höhepunkt der Strauss-Feierlichkeiten gewesen sein.
Zwei Erstaufführungen gibt es heute beim Neujahrskonzert: Joseph Hellmesbergers Marsch „Fidele Brüder“ und den „Ferdinandus-Walzer“, der einen besonderen Moment darstellt. Denn erstmals wird das Werk einer Komponistin, Constanze Geiger, beim Neujahrskonzert zu hören sein. Geiger (1835 – 1890) hat den Walzer im Alter von 12 Jahren komponiert; er wurde von Johann Strauß Vater uraufgeführt.
Das Programm hebt um 11.15 Uhr an mit dem „Freiheits-Marsch“ von Johann Strauss Vater an, es folgen: „Dorfschwalben aus Österreich“ von Josef Strauss, die „Demolirer-Polka“ und der „Lagunen-Walzer“ von Johann Strauss Sohn sowie die Polka „Luftig und duftig“ von Eduard Strauss.
Die Ouvertüre zur Operette „Der Zigeunerbaron“ und der Walzer „Accelerationen“ stammen vom Jahresregenten, es folgen die zwei Erstaufführungen. Die Polka „Entweder – oder!“ von Johann Strauß Sohn setzt ein Rufzeichen ins Programm. Auf die „Transactionen“ von Josef Strauss folgen drei weitere Kompositionen von Strauss Sohn: Die „Annen-Polka“, die „Tritsch-Tratsch“ und, vor den beiden wichtigsten Zugaben der Konzertsaison, noch „Wein, Weib und Gesang“.
Am Pult steht – zum siebenten Mal bei einem Neujahrskonzert – Stardirigent Riccardo Muti. Und er betont, dass dieses Konzert über einen leicht-beschwipsten Start in ein neues Jahr weit hinausgeht: „Die Welt geht in eine Richtung, die sehr problematisch ist, sehr gefährlich“, sagte er im KURIER-Interview. „Das gibt dem Konzert zusätzliche Bedeutung: Wir überbringen eine Nachricht der Hoffnung. Auch für die Kultur.“
Denn viele Regierungen verstehen nicht, wie wichtig Musik und Kultur für das Zusammenleben sind – und kürzen bei den Kulturbudgets. „Wir Musiker sind nur ein kleiner Teil der Welt, leider“, sagt Muti. „Was wir zu Friede, Schönheit und Harmonie beitragen können, ist wenig, aber sehr wichtig. Wir brauchen Musik mehr denn je, weil es eben ein Medikament für die Seele ist.“
Dieses Medikament gibt es zum Jahresstart in einer heilsamen Strauss-Dosis: Acht Stücke aus der Feder des Walzerkönigs sind angesetzt – die traditionelle Zugabe des „Donauwalzers“ noch gar nicht eingerechnet. Und erstmals wird das Werk einer Frau beim Neujahrskonzert zu hören sein, der „Ferdinandus-Walzer“ von Constanze Geiger.
„2025 wird zudem das 30-jährige Jubiläum der EU-Mitgliedschaft Österreichs gefeiert“, sagte Philharmoniker-Vorstand Daniel Froschauer im Vorfeld. „Diesem Anlass widmen wir den ,Transactionen-Walzer’ von Josef Strauss.“
Auch die erstmals von der Britin Cathy Marston choreografierten Balletteinlagen und der Pausenfilm würdigen den Jahresregenten Johann Strauss. Das Staatsballett wird in der Lok 12.10 im Technischen Museum und durch das Südbahnhotel am Semmering tanzen.
Im von Barbara Weissenbeck gestalteten Pausenfilm „2025 – Eine Strauss-Odyssee“ (circa 11.50 Uhr) steuert der reale Ururgroßneffe von Johann Strauss, Thomas Strauss, in einem Raumschiff auf die Erde zu und stellt nebenbei Erkundungen über seinen großen Vorfahren an.
In 92 Ländern zu sehen
Zum 67. Mal überträgt der ORF das Neujahrskonzert – und wie immer sollen Millionen zusehen: In 92 Ländern wird das Konzert zu sehen sein, die Radioübertragung wird in 30 Länder ausgestrahlt. In Österreich läuft die Übertragung ab 11.15 Uhr live auf ORF 2, der Streamingplattform ORF ON und Ö1.
Die deutschsprachigen Live-Kommentare während der Konzertübertragung übernimmt wieder Teresa Vogl. Zur Einstimmung gibt es für die, die schon munter sind, ab 10.35 Uhr (ORF 2 und ORF ON) eine Making-of-Dokumentation mit Blicken hinter die Kulissen der Konzert- und TV-Produktion ein: Mehr als ein halbes Jahr lang begleiteten Gestalterin Barbara Pichler-Hausegger und ihr Kamerateam die Vorbereitungen bis zur weltweiten Ausstrahlung.
Wer bei dieser, der Live-Ausstrahlung, noch nicht munter ist, der kann – als „Langschläfer-Service“ – um 20.15 Uhr auf ORF 3 das Konzert nachschauen und -hören. Und wer am 1. Jänner auch dazu nicht bereit ist: Am 4. Jänner (20.15 Uhr) ist das Konzert auf 3 Sat zu sehen.
Kommentare