Neues Album von Bruce Springsteen: Zufrieden im milden Westen

„Western Stars“: Das neue, wutlose Album des Pop-Superstars Bruce Springsteen.

Vielleicht passiert das ja, wenn man 230 Shows mit einem Geschichtenerzähler-Soloprogramm am Broadway spielt: Man wird irgendwann mild.

Man hat sich noch einmal dem eigenen Katalog gewidmet, ist noch einmal alles durchgegangen, all die Songs, all die Gefühle, Wut, Liebe, Sehnsucht.

Und dann geht man nach Hause, setzt sich aufs Sofa und ist einfach ... zufrieden.

(Und nicht einmal Donald Trump konnte den überzeugten Linken Springsteen wütend machen. Der Präsident kommt auf Springsteens neuem Album „Western Stars“ nicht vor, weder direkt, noch indirekt. Und das ist ja auch wieder die Höchststrafe.)

„Western Stars“, Springsteens 19. Studioalbum, ist sein ... zufriedenstes. Es klingt nach Sonnenschein, nach Westküste, nach Folkrock, nach Soundtracks zu nie gedrehten Filmen.

Springsteen selbst gibt das auch offen zu, als Einflüsse nennt er Glen Campbell, Jimmy Webb und Burt Bacharach: „Ich weiß nicht, ob die Leute diese Einflüsse raushören, aber das hatte ich im Hinterkopf.“

Am deutlichsten zu hören ist dies auf „There Goes My Miracle“: Näher als hier kam er dem Prinzip Schlager noch nie (gemeint ist der klassische amerikanische Schlager, nicht das, was man bei uns in „Starnächten“ zu hören bekommt). Eine Melodie kämpft sich Richtung Himmel.

Ähnlich klingt „Hello Sunshine“: Gemächlich tanzt eine Bass-Linie, die Pedal-Steel-Gitarre weint dazu ganz leise. Es ist ein Lied wie ein Ferientag am See, mit einem Text über Glück und Vergänglichkeit.

Road-Movies

Auf dem Album sind, naturgemäß, möchte man sagen, auch wieder Songs übers Unterwegssein, vertonte Road-Movies, etwa „Tucson Train“, „Hitch Hikin’“ oder das scheingemütliche, sehr eindringliche „The Wayfarer“. Aber erstmals hat man nicht das Gefühl, dass Springsteen eigene Sehnsüchte besingt – sondern er erzählt einfach gern.

Am Ende steht dann „Moonlight Motel“ – ein Tag geht zu Ende und ein Album. Müde bin ich, geh’ zur Ruh. Alles ist gut.

Springsteen selbst beschreibt seine neueste Arbeit so: „Diese Platte ist eine Rückkehr zu meinen Solo-Aufnahmen, mit Songs voller Charakterstudien und üppiger, cineastischer Orchester-Arrangements. Es ist eine Schatztruhe.“

Diese Einschätzung bleibt ihm unbenommen. Manchmal hat man beim Anhören all dieser musikgewordenen Leichtigkeit Sehnsucht nach dem schweren Klang der E Street Band (andererseits finden viele gerade diesen schweren Klang oft mühsam, weil zu überladen).

Eine Tour mit dem Material von „Western Stars“ ist angeblich nicht geplant. Nach eigener Aussage hat Springsteen bereits die Songs für ein neues Album mit der E Street Band fertig geschrieben, kommendes Jahr könnten sie aufgenommen werden.

Und danach? Wer weiß, vielleicht nimmt er sich dann, ähnlich wie Bob Dylan, das amerikanische Liederbuch vor. Er darf das.

 

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