Neuer Roman: Unter dem Nussbaum liegen Wünsche begraben

Simone Hirth
"Bananama" von Simone Hirth: Eine Kindheit bei seltsamen Eltern, die keine Materialisten sein wollen und deshalb Obst und Gemüse pflanzen ... aber nicht ernten.

In Einmachgläsern stecken Zettelchen, darauf stehen Wünsche, die nicht erfüllt werden. Sie werden unter dem Nussbaum beerdigt.

"Banane" zum Beispiel. Braucht niemand, sagt der Vater. Oder "Schokoriegel". Früher hat eine Nachbarin manchmal einen Schokoriegel gebracht. Jetzt nicht mehr. Niemand kommt zu Besuch. Nur Wildschweine kommen über die Felder.

Die Natur ist das Wichtigste, sagt der Vater.

Schule ist Unsinn. Auch das sagt er und wirft die Bücher weg. Er wird seine kleine Tochter selbst unterrichtet. Sie lernt jetzt Wörter wie: Biosphärenpark. Sie lernt: Ressourcenknappheit. Sie hat keine Freundin. Sie erfindet eine Schwester. Sie hätte gern eine Puppe. Die Mutter sagt: Diese industriell gefertigten Spielzeuge seien seelenlos und außerdem pädagogisch wertlos.

Müde

Nicht nur über die begrabenen Gläser wird Gras wachsen. Auch über "Bananama" – dem radikalen Projekt einer Aussteigerfamilie.

Man versucht, ohne Geld auszukommen. Man tauscht Obst gegen Honig usw. Allerdings darf das Obst nicht geerntet werden, es muss faulig zu Boden fallen. Denn nur Materialisten ernten. Idealisten wollen nicht haben, sondern sein und denken. Kraftlos und müde schleppt sich die Familie durch den Tag.

Der Roman "Bananama", der sollte nicht so rasch wie das Projekt in Vergessenheit geraten. Besteht aber keine Gefahr. Die in Kirchstetten in Niederösterreich lebende Simone Hirth hat ironische Gesellschaftskritik gut drauf. Man wird öfter von ihr lesen.

Koffer

Nach – welch wunderbar unverkäuflicher Titel! – "Lied über die geeignete Stelle für eine Notunterkunft" hat Hirth ihren zweiten Aussteiger-Roman geschrieben. Konsum und Aufbegehren: Scheint ihr großes Thema zu sein. Jetzt wird aus Sicht der Tochter erzählt.

Angeblich ist sie erst sechs. Naja: Dieses Kind ist derart gut beim Schildern der Absurditäten, dass es Poetik-Vorlesungen im Leipziger Literaturinstitut halten könnte.

Im Buch wird nicht für oder gegen Banane mit Schokosauce Partei ergriffen. Nicht nur das sehr liebe Kind wünscht sich einen Koffer voll mit Antworten. Verwirrungen und Irrungen werden in starken Bildern dargestellt. Dazu gehören auch tote Menschen im Radieschenbeet.

Simone Hirth: „Bananama“ Verlag Kremayr & Scheriau. 192 Seiten. 19,90 Euro.

KURIER-Wertung: ****

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