Jedermann wird Superman

Nur in seinen Tagträumen ein Held: Walter Mitty (Ben Stiller) stellt sich vor, wie er als Action-Held à la Superman tolle Taten vollbringt
"Das erstaunliche Leben des Walter Mitty": Ben Stiller in einer süßlichen Selbstverfilmung.

Der Name Walter Mitty verkündet größtes Mittelmaß. Ein Walter Mitty ist ungefähr so charismatisch wie Otto Normalverbraucher: Ein Durchschnittstyp, ein Jedermann, einer, den man gerne übersieht. So wurde er in der Kurzgeschichte von James Thurber konzipiert, die 1939 in The New Yorker erschien und 1947 mit Danny Kaye verfilmt wurde.

Ben Stiller allerdings, gefeierter Hollywood-Prinz smarter US-Komödien, tut sich hier schwer als Jedermann Walter Mitty. Zumal in Eigenregie. Selbst dann, wenn er mit hängenden Schultern im Staubmantel gefeuert auf der Straße steht: Den kleinen Verlierer-Typen nimmt man ihm doch nicht recht ab.

Zu sehr blitzt immer noch das Streberhafte, Selbstverliebte durch, mit dem sich Stiller in Szene setzt und nie Zweifel darüber aufkommen lässt, wie gut er am Ende doch noch dastehen wird.

Dabei bemüht sich die Adaptierung um Aktualisierung des literarischen Stoffes und passt ihn an die Krise des Print-Journalismus an. Stillers Walter Mitty arbeitet seit 16 Jahren im Fotoarchiv des US-Magazins Life, das nun nach einer letzten Print-Ausgabe Online gehen soll. Für diese finale Ausgabe soll das Foto eines berühmten Fotografen – gespielt von einem wettergegerbten Sean Penn – aufs Cover. Leider hat Walter Mitty besagtes Foto verschmissen. Nun muss er erstmals in seinem Leben die Welt – von Island bis Afghanistan – bereisen, um den Fotografen zu finden und nach dem verdammten Negativ zu befragen.

Bevor sich Walter jedoch tatsächlich ermannt und zur Weltreise schreitet, lässt er seine Energien in Tagträumen verpuffen. Mitten in einem Gespräch pflegt er sich plötzlich auszuklinken und in seiner Fantasie zu Superman zu mutieren. In diesen Tagtraumsequenzen pumpt Stiller komisch gemeinte Hollywood-Blockbuster-Spezialeffekte in die Handlung, in denen er heldenhaft in brennende Häuser stürzt und dreibeinige Hunde rettet.

Auf Hochglanz poliert

Natürlich ist Stillers komisches Talent unbestritten: So beherrscht er etwa die unnachahmliche Kunst, beim Laufen so auszusehen, als würde er dabei schrumpfen.

Doch seine auf Hochglanz polierte Großproduktion bleibt süßlich und eitel und allzu geschmiert. Manche der Outdoor-Szenen spulen sich ab wie Musik- beziehungsweise Sportvideos, aufgespritzt mit heroischem Selbstfindungspathos.

Auch eine so hochklassige Comedienne wie Kristen Wiig („Brautalarm“) bleibt als romantischer Sidekick weitgehend unterbeschäftigt. Ein Mal, in einem wirklich schönen Moment, darf sie zur Gitarre greifen und David Bowies „Space Oddity“ anstimmen. Den Rest verschmalzt ein kalkuliert melancholischer Soundtrack mit Musik von Arcade Fire.

Info: "Das erstaunliche Leben des Walter Mitty". USA 2013. 114 Min. Von und mit Ben Stiller; mit K. Wiig.

KURIER-Wertung:

Überraschend wenig vertraut ist man mit deutscher Geschichte aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Bei Edgar Reitz kann man nun zu den 1840er-Jahren Nachhilfe nehmen. Als eine Art Prequel zu seiner Mini-TV-Serie „Heimat“ (1984), die die Jahre 1918 bis 1982 behandelte, rückt Reitz wieder das Dorf Schabbach im Hunsrück in den Erzählmittelpunkt.

In glasklaren, schwarz-weißen Bildern – manchmal mit zarten Farbtupfern versehen – eröffnet sich das Schicksal von Jakob Adam Simon im dörflichen Umkreis von Schabbach. Als Sohn des armseligen Schmiedes ärgert er seinen Vater mit literarischen Ambitionen und träumt ausufernd von den neuen Welten Südamerikas. Jakobs großes Bestreben ist es, nach Brasilien auszuwandern und die Mühen des Hunsrücker Alltags hinter sich zu lassen.

Reitz erzählt mit poetischer Schönheit, historischer Detailgenauigkeit und dem unangestrengten Gestus eines dezidiert fiktiven Chronisten. Besonders der erste Teil seiner 225 Erzählminuten, die irgendwo zwischen Spielfilm und Serien-Format eingebettet liegen, verzichtet auf strengen Handlungsfortschritt und entfaltet dafür die seltsam schwere Leichtigkeit eines Tagtraums.

Info: "Die andere Heimat – Chronik einer Sehnsucht". D/F 2013. 225 Min. Von Edgar Reitz. Mit Jan Dieter Schneider.

KURIER-Wertung:

Jedermann wird Superman
Jan Dieter Schneider als Jakob Simon träumt von Brasilien

"Die Pute von Panem – Starving Games"

Komödie. Komplett misslungene Parodie auf die „Hunger Games“: Kantmiss Evershot kämpft um ihr Leben, hat aber auch die Chance zu gewinnen – zum Beispiel einen alten Schinken.

KURIER-Wertung:

"Das Geheimnis der Bäume"

Doku. Doku-Filmer und Oscarpreisträger Luc Jacquet taucht in die Tiefen des Dschungels ein. Dort erforscht er die Evolutionsgeschichte des Urwaldes an atemberaubenden Schauplätzen wie Peru, Gabun und Frankreich. Vor der Kamera erläutert der Botaniker Francis Hallé das Zusammenspiel von Pflanzen und Tieren.

"Streetdance Kids – Gemeinsam sind wir Stars"

Tragikomödie. Fünf Freunde sind begeisterte Street-Dancer und kämpfen dafür, dass ihr Jugendclub nicht geschlossen wird.

"Paranormal Activity: Die Gezeichneten"

Horror. Keine Fortsetzung, sondern ein Spin-off der berühmten Horror-Serie: Highschool-Absolventen bekommen es mit bösen Kräften zu tun.

"Computer Chess"

Komödie. „Mumble Core“-Regisseur Andrew Bujalskis Komödie über Tech-Nerds, die in den 80ern an einem Computer-Schachturnier teilnehmen.

Jedermann wird Superman

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