Neil Young: Mit Stimme und Gitarre doch am besten

Neil Young, hier ohne Orchester
CD-Kritik: Neil Young nahm sein neues Album "Storytone" mit einem Orchester auf.

Es ist schon das zweite Album, das Neil Young heuer veröffentlicht. Nach dem bewusst minimalistisch aufgenommenen "A Letter Home" vom Frühjahr liefert der 68-Jährige jetzt mit "Storytone" das Gegenteil dazu: Sieben Lieder, die er mit einem 90-köpfigen Orchester aufgenommen hat, plus drei mit einer Big-Band eingespielte Blues-Songs.

Young beweist damit einmal mehr seine Qualitäten als Songwriter. Einfühlsam, sehr ehrlich und direkt geht er in Balladen wie "Plastic Flowers" auf die Scheidung von Gattin Pegi ein, oder in "I’m Glad I Found You" auf die Liebe (vermutlich die neue zu Daryl Hannah).

Highlights aber sind die Blues-Songs – allen voran "I Want To Drive My Car", in dem Young die Freude am Autofahren mit der Sehnsucht nach Heimat verbindet. Denn bei den Balladen wirkt das Orchester dann stellenweise doch zu dick aufgetragen und kitschig.

Deluxe-Version

Neil Young: Mit Stimme und Gitarre doch am besten
Neil Young Cover

Das wird deutlich, wenn man die Deluxe-Version von "Storytone" gekauft hat, mit der alle Songs ein zweites Mal in Youngs Solo-Aufnahmen mitgeliefert werden. Songs wie "Glimmer" und "All Those Dreams" beginnen erst in diesen nackten Arrangements zu strahlen. Eine Gitarre oder ein Klavier, die brüchige Stimme und ein aufrichtiges Anliegen – mehr braucht der Amerikaner nicht, um Gänsehaut-Momente zu schaffen.

Die vielleicht einzige Ausnahme ist der Protestsong "Who’s Gonna Stand Up?", mit dem Young sich gegen Fracking und Umweltverschmutzung wendet. Diesen Song hat er auf seiner Website zur Verwendung in Videos und Filmclips oder in jeder anderen Art, die die Botschaft weiterträgt, freigegeben. Das Orchester macht dabei (zumindest in den Strophen) mit gehetzten, hackenden Celli den dramatischen Zustand der Erde direkt gruselig spürbar.

Fazit also: Wer sich’s leisten kann, sollte unbedingt das Deluxe-Album von "Storytone" kaufen. Die Standard-Orchester-Version ist schön, die Solo-Version aber beeindruckend.

KURIER-Wertung:

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