Ein Musical als Blondinenwitz

APA11441896 - 13022013 - WIEN - ÖSTERREICH: Barbara Obermeier (m.) mit Ensemble am Mittwoch, 13. Februar 2013, während einer Probe des Stückes "Natürlich Blond" das am 21. Februar 2013 im Theater Ronacher Premiere feiert. APA-FOTO: ALINA PARIGGER
Ein picksüßes Punschkrapferl: "Natürlich blond" im Ronacher ist sehr seichte Teenager-Unterhaltung.

Die Überdosis Zuckerlrosa macht sprachlos. „Natürlich blond“ im Ronacher ist in den Farbtopf gefallen. Ein Musical wie ein Punschkrapferl mit Glasur zum Abschlecken. Aber zu viel Süßes erzeugt Sodbrennen.

Eine gar nicht mehr junge Frau im Foyer entschuldigt sich vorab: „Eigentlich bin ich intellektuell, aber ,Natürlich blond‘ mit Reese Witherspoon ist mein Lieblingsfilm.“

Das ließe sich mit ein bisschen Fantasie ausbauen: „Das Musical, na ja ... Aber die Hunde auf der Bühne sind so herzig.“ Oder: „Untertags bin ich intelligent, abends gehe ich ins Ronacher.“

Girl mit Liebeskummer

Christian Struppeck, Neo-Intendant der Vereinigten Bühnen Wien, attestiert seiner ersten via copy and paste aus New York importierten Produktion „auch Tiefgang“.

Quatsch. Das Thema „Frau emanzipiert sich“ gab’s schon, zuletzt bei „Elisabeth“, immerhin mit „Sisi-Mythos“, dem Schicksal einer Kaiserin und Musik, die dem Gehörgang schmeichelt.

Dagegen ist „Natürlich blond“ von Laurence O’Keefe, Nell Benjamin (Musik & Texte) und Heather Hach (Buch) nach dem Roman „Legally Blonde“ von Amanda Brown mit der Fleisch gewordenen Barbie trivialer als trivial. Wer sich im pinkifizierten Kinderzimmer-Ambiente einer Teeny-Party von etwa 13-Jährigen wohlfühlt, ist hier am richtigen Platz.

Der wahre Star: Die Bühnentechnik (David Rockwell), die in Sekundenschnelle immer neue Bilder erzeugt. Und dass Elle Woods bei den teilweise platt-hölzern eingedeutschten Texten, immerhin die Arbeit von drei Übersetzern, nicht aus ihren Plateau-High- Heels kippt, ist das andere Wunder des Abends.

Anwesend sind ein Chihuahua und eine Bulldogge als herzige Maskottchen. Aber leider ist auch der Witz, der aus der Jonglage mit Klischees destilliert werden sollte, ein wenig auf den Hund gekommen.

Mittelmaß

Die Vokalleistungen sind nur Mittelmaß. Barbara Obermeier macht als IQ-instabile Superblondine Elle – unterbelichtet und überkandidelt – ihren Weg von der Tussi zur Top-Anwältin und ist im Nicht-echt-Sein noch echter als alle anderen.

Jörg Neubauer als Emmett ist ein unbedarftes Bürscherl mit gesanglichen Schwächen. Alexander Goebel erdet als skrupelloser Harvard-Professor Callahan das im Overdrive dahinrasende Stück um Selbstverwirklichung, Schein und Sein.

Ein Musical als Blondinenwitz
Nicht alle Musicals der Vereinigten Bühnen wurden zuletzt zum Publikumserfolg: Etwa "Natürlich Blond".
Zur künstlichen Überaufgeregtheit im geschwätzigen Musical – ohne einen einzigen Ohrwurm, aber mit plappernden Zuckerpuppen – passt die Allerweltspopmusik mit „Riverdance“-Zitaten: Wie von einem Schnellschnitt-Häcksler generiert.

Das Ensemble praktiziert schweißtreibend eine Art Trockensynchronschwimmballett, zelebriert zur Cheerleaderattitüde das Kreischen, den unartikulierten Aufschrei der erregten Mädchenmasse, und zeigt als Gag, dass es minutenlang schnurspringen und dazu singen kann.

Vermutlich ist „Natürlich blond“ das ideale Stück für die Spaßgesellschaft in einer Gegenwart der maßlosen Oberflächlichkeit, in der It-Girls wie Paris Hilton nichts können außer shoppen und sich stylen, aber allein dafür berühmt sind und bedingungslos angehimmelt werden. Nur: Ob sich zwischen Oberwart und Attnang Puchheim genug Teenager für ein Jahr Spielzeit finden lassen?

Struppeck ist mit sehr, sehr seichter Unterhaltung angetreten, sollte aber wenigstens nicht die Intelligenz des (erwachsenen) Publikums beleidigen.

Stück
Das College-Girlie Elle Woods geht mit Liebeskummer nach Harvard und entwickelt sich zur intelligenten und emanzipierten Jusstudentin.


Inszenierung
Das Abziehbild vom Broadway-Hit (Regie: Jerry Mitchell) wirkt in der deutschsprachigen Erstaufführung im Ronacher wie eine Kitschorgie mit plappernden Zuckerpuppen.


Eindruck
Barbara Obermeier schlägt sich wacker. Das Orchester unter Koen Schoots agiert routiniert.

KURIER-Wertung: ** von *****

Ein Musical als Blondinenwitz

FOTOPROBE "NATÜRLICH BLOND"
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