Struppeck: "Musical ist aufregend & vital"
Er hat sich vor zehn Jahren die Story zu "Ich war noch niemals in New York" ausgedacht und für die Welturaufführung in Hamburg mit Gabriel Barylli das Buch geschrieben. Für Christian Struppeck, neuer Musical-Intendant der Vereinigten Bühnen Wien (VBW), "war Wien als Musicalstadt immer etwas Besonderes". Hier hat er auch studiert. Hier wurde das Musical von Udo Jürgens nach 600 Vorstellungen gerade erst abgesetzt. Struppeck: "Wir wollen auch wieder etwas Neues präsentieren."
Das Neue ist freilich altbekannt: "Elisabeth" hat am 5. 9. im Raimund Theater Premiere. In der "Jubiläumsfassung" mit Harry Kupfer als Regisseur und Hans Schavernoch als Bühnenbildner wie vor 20 Jahren.
Warum scheut man beim Musical so oft das Risiko einer Neuinterpretation? "Ein Musical auf die Bühne zu bringen, ist finanziell und künstlerisch ein Riesenaufwand. Da wird jahrelang daran gearbeitet. Das kostet unheimlich viel Geld", sagt Struppeck. "Und hat man das Kamel durch das Nadelöhr gebracht, ist es schon sensationell, wenn einem ein großer Hit gelingt, wenn ein Stück funktioniert."
Bei "Elisabeth" – dem mit mehr als 8,5 Millionen Besuchern in elf Ländern erfolgreichsten deutschsprachigen Musical – hat man sich bewusst für die Originalproduktion entschieden.
In New York wird manches wie zuletzt "Sister Act" länger am Spielplan gehalten, weil die Etikette "Broadway-Produkion" anderswo als Werbung dient. Struppeck: "Eine Show am Broadway ist sicher auch eine Marke. Und je länger die Show läuft, umso mehr Glanz fällt auf den Titel. Das ist schon ein Glamour-Faktor für die Produzenten dort."
"Wien ist anders"
Von Wien aus gab es einige Welturaufführungen, u. a. "Elisabeth", "Tanz der Vampire", "Mozart!" und "Rebecca". Struppeck will der Tradition "natürlich treu bleiben", verrät aber noch keine Titel: "Aber einiges ist in Vorbereitung für 2014. Wir wollen das Mischkonzept fortführen, Long-Run-Produktionen erstklassiger Stücke einzukaufen und eigene Stücke zu produzieren."
Nicht realisiert wird allerdings das von Kathrin Zechner angekündigte Projekt "Little Big Voice" in Kooperation mit den Wiener Sängerknaben. Struppeck: "Das vorliegende Buch hat mich nicht überzeugt."
Aber "Wien ist anders" gilt auch fürs Musical-Genre. "Der Produzent VBW ist ein großes Aushängeschild, was vielen hier vielleicht nicht so bewusst ist", so Struppeck, "aber das wird absolut wahrgenommen am Broadway und am Westend." Der oft schlechte Ruf des Musicals lasse sich an den Publikumszahlen nicht feststellen. Für Struppeck ist Musical "die aufregendste und vitalste Form des Musiktheaters."
Trend zu Komödien
Der Trend geht dabei nach großen, opernhaften, ernsten Stücken im Moment zur Unterhaltung, zu den Komödien. "Das begann vor zehn Jahren mit ,Mamma Mia’", so Struppeck, der zuletzt in New York "alle neuen Shows, auch die Gewinner bei den Tony Awards", gesehen hat: "Once", die Liebesgeschichte zwischen einem Dubliner Straßenmusiker und einer tschechischen Immigrantin, hat gleich acht der begehrten Theaterpreise abgeräumt, darunter in der Kategorie "Bestes Musical". Außerdem, das neue Disney-Musical "Newsies", "Ghost" und "The Book of Mormon".
Aber durch die Wirtschaftskrise sei die Zeit schwierig für Produzenten. "Die Leute schauen überall mehr aufs Geld. Auch die Ticket-Preise sind enorm. Karten für ,Spiderman’ kosten schon rund 140 Dollar."
Struppecks erste eigene Produktion ist die deutschsprachige Version der Komödie "Natürlich blond" (ab Februar 2013 im Ronacher). "A solid broadwaybubblegumsound", schrieb die Kritik. Musikalisch unbedeutend. Struppeck widerspricht: "Das ist sehr gut geschrieben. Gar nicht einfach zu singen und zu spielen. ,Natürlich Blond’ hat viel Wortwitz und ist sehr clever gebaut. Vielleicht liegt`s am rosa Plakat, dass viele denken: Das kann ja nur seicht sein. Ist es aber gar nicht."
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