Nachruf: Der jüngere Bruder ist nicht mehr

Nachruf: Der jüngere Bruder ist nicht mehr
Er war selbst ein Großer, stand aber immer im Schatten seines großen Bruders Ridley: Regisseur Tony Scott hat Selbstmord begangen.

Es sollte aufbauend sein, wenn Kritiker über einen Regisseur schreiben, er sei ein "guter Handwerker". Weniger aufbauend ist allerdings, wenn dann in einem Zug dem Bruder "die künstlerische Ader" bescheinigt wird. Gut der eine zwar, aber noch besser der andere. So etwas muss einen treffen, auch wenn nach außen hin stets der schöne Familienschein gewahrt bleibt.

Was auch immer es war, das Tony Scott, den ebenfalls als Regisseur tätigen Bruder des großen Ridley, nun in den Tod getrieben hat, es saß tief. Ohne Zögern und ohne Augenzeugen die Chance zu geben, ihn zu retten, stürzte sich der 68-Jährige von der Vincent Thomas Bridge in Los Angeles. In seinem sorgsam an der Brücke geparkten Auto fand die Polizei einen Abschiedsbrief, dessen Inhalt geheim bleiben soll. Von schweren Depressionen wird gemunkelt.

Erfolgreiche Brüder

Die Geschichte der beiden Scott-Brüder, die dieselbe Profession wählten, beginnt im englischen Northumberland. 1937 wird dort Ridley geboren, 1944 Tony. Sie werden in eine strenge Militaristenfamilie geboren, der Vater ist bei den Royal Engineers und meist auf Dienstreise. Beide Brüder studieren am Londoner Royal College of Art. 1968 gründen sie ihre gemeinsame Produktionsfirma Ridley Scott Associates (RSA), die bald zu einer der erfolgreichsten Werbefilmfirmen des Landes wird. 1995 gründen sie in Los Angeles die Produktionsfirma Scott Free Productions. Erfolgreich sind beide: Als Tony 1986 "Top Gun", den damals bahnbrechenden Fliegeractionfilm mit dem jungen Tom Cruise als Star in die Kinos bringt, ist Ridley schon ein Etablierter: Mit dem ersten "Alien"-Teil und seinem ikonischen Sci-Fi-Drama "Blade Runner" hat er bereits einen Fuß in der Hall of Fame des Kinos.

Eine Nase für Talente

Doch Tony lässt nicht locker: Mit seinem abgefahrenen Liebesmelodram "True Romance" (1993) nach dem Drehbuch eines gewissen Quentin Tarantino zeigt er, was er kann. Vor allem zeigt er Gespür für junge Talente: Brad Pitt, Christian Slater und Patricia Arquette haben nicht zuletzt ihm ihre Karriere zu verdanken. Mit "Der Staatsfeind Nr. 1" und "Unstoppable – Außer Kontrolle" kehrt Scott dann wieder zum Actiongenre zurück. "Unstoppable" sollte sein letzter Film bleiben.

Angeblich war eine Fortsetzung von "Top Gun" geplant, auch Tom Cruise soll dem Projekt schon zugestimmt haben. Doch Tony Scott hatte nicht mehr die Kraft dafür.

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