Mythos Woodstock: 32 Auftritte, Stromschläge und Todesfälle

Mythos Woodstock: 32 Auftritte, Stromschläge und Todesfälle
Wen der Mythos Woodstock in die Karriere verhalf, wer unterging und nicht mehr im weltlichen Konzert vertreten ist.
  • FREITAG, 15. AUGUST

Richie Havens (Gage: 6.000 $) eröffnet um 17.07 Uhr das Festival, weil er gerade greifbar war. Das improvisierte Freedom/Motherless Child wird zur emotionalen Explosion. 2013 erlag Havens einem Herzinfarkt.

Sweetwater (1.250 $) sollte Opener sein, die US-Rockband fand aber zunächst durch die Menschenmasse keinen Weg zur Bühne.

Bert Sommer (Gage ?$) kam als Hippie-Anleihe aus dem Broadway-Musical Hair. Sein Talent als Songschreiber schlummerte im Verborgenen in alle Ewigkeit. Sommer wurde 41.

Tim Hardin (2.000 $) war eine Ikone in der Folkrockszene. Sein Auftritt litt unter erheblichem Drogeneinfluss. 1980 verstarb er. Mit 39, an einer Überdosis Heroin.

Ravi Shankar’s (4.500 $) Sitar traf den Geschmack der Freunde transzendentaler Meditation. Es begann zu regnen. Er selbst fühlte sich deplatziert: „Alle waren bekifft, aber sie genossen es. Es erinnerte mich an indische Wasserbüffel, wie sie da so im Matsch versanken.“ Ravi Shankar wurde Vater von US-Sängerin Norah Jones und ziemlich alt. 92 Jahre.

Melanie (750 $) startete mit 21 inbrünstig schreiend in die noch andauernde Karriere.

Arlo Guthrie (5.000 $), Spross von Folk-Legende und Politaktivist Woodie Guthrie, war zufälliger Programmpunkt.

Joan Baez (10.000 $). Engagierter, stets drogenfreier Protest mit lieblich klarer Stimme zu später Stunde. „Woodstock, das war auch ich, Joan Baez die Anständige, im sechsten Monat schwanger, Ehefrau eines Wehrdienstverweigerers.“ 2019 beendet sie mit 78 ihre Bühnenkarriere.

  • SAMSTAG, 16. AUGUST

Quill (375 $) kam, der Regen hörte auf. Ihre Gigs im Gefängnis und in der Psychiatrie passten in die Tabulosigkeit. Ein Jahr später lösten sich die Bostoner auf.

Country Joe McDonald (Gage ?$)trat zunächst alleine auf , weil die Begleitband, „The Fish“ hilflos in der Masse zappelte. Mit 77 nützt er noch immer den Woodstock-Bonus.

John Sebastian (1000 $) stand als Besucher herum, der Gründer der Band Lovin’ Spoonful wurde spontaner Pausenfüller.

Keef Hartley Band (500 $) hinterließ nicht einmal eine nachweisbare Songliste. Die britischen Bluesrockband war bis 1972 existent. Hartley starb 2011 mit 67.

Carlos Santana (2.250 $) feierte seine Geburtsstunde, rhythmusschwer geprägt vom schlagfertigen 20-jährigen Michael Shrieve .

The Incredible String Band (2.250 $). Psychedelischer Folk aus Schottland. 2006 war damit Schluss.

Canned Heat (6.500 $) boten Boogierock aus L. A. Die hohe Stimme kam von Alan „Blind Owl“ Wilson. Ein Jahr später überlebte er eine Überdosis nicht. Canned Heat lebt noch. Irgendwie.

Mountain (2.000 $) war als Heavy-Metal-Vorläufer ein Muntermacher. Bandgründer Felix Pappalardi überstand 1983 ein Eifersuchtsdrama nicht.

Grateful Dead (2.500 $). Bekifft und von Stromschlägen gebeutelt, wurde ihr Auftritt zum Desaster. Jerry Garcia stirbt 1995 mit 53 an einem Herzinfarkt. Mit ihm die Band.

Creedence Clearwater Revival (10.000 $). Weil sich die Plattenfirmen zerstritten, fehlen sie auf Vinyl und im Film. Zerkracht hat sich die Band 1972, John Fogerty verwaltet das musikalische Erbe.

Janis Joplin (7.500 $) erschien um 2.30 Uhr. Das lange Warten erhöhte den Rauschmittelkonsum und verminderte die Qualität des Vortrags. 14 Monate später erweitert Joplin den tragisch-berühmten Klub der 27-jährigen Drogenopfer.

Sly and the Family Stone (7.000 $) lieferten den vielleicht mitreißendsten Festivalbeitrag.

The Who (11.000 $). Roger Daltrey’s Fransen-Outfit täuschte, die Mods hatten mit Hippie-Kultur nichts am Hut. Pete Townshend: „Wenn das die Welt war, in der sie leben wollten, dann konnten sie mich am Arsch lecken.“

Jefferson Airplane (7.500 $) wurden nach langer Regenpause von der aufgehende Sonne geblendet. Müdigkeit beherrschte Publikum und Band. In den 80ern lief der Ableger Starship mit dem Hit „We built this City“ in den Hafen des musikalischen Grauens ein.

  • SONNTAG, 17. AUGUST

Joe Cocker (1.375 $) öffnete mit „With a Little Help from My Friends“ das Tor ins Business, danach der Himmel seine Schleusen. Cocker (Foto unten) wurde 70, starb 2014 an Lungenkrebs.

Country Joe and the Fish (2.500 $) begeisterten mit der vom Fish- zum Fuck-Cheer umfunktionierten Provokation.

Ten Years After (3.250 $). Der 25-jährige Alvin Lee machte sich zur viel diskutierten Theorie, der flinkeste Gitarrist der Welt zu sein. Lee stirbt mit 68 im Jahr 2013.

The Band (7.500 $) von Robbie Robertson wohnte wie Bob Dylan im 80 km entfernten Woodstock. Zu gering sei das Honorar gewesen, also entfiel die Verewigung auf Platte und Film. 1976 erfolgt die Aufforderung zum „Last Waltz“, der Abschied von der Bühne.

Johnny Winter (3.750$), der Blues-Albino aus Texas, leuchtete im Schwarz der Mitternacht. 2014 trat er mit 70 ab. Für immer.

Blood, Sweat and Tears (15.000 $). Bläser als willkommener Kontrast. 1981 zunächst nach hohem Mitgliederverschleiß aufgelöst, bis heute gab es einige Reunionsversuche.

Crosby, Stills, Nash & Young (5.000 $), die Supergroup, beim erst zweiten gemeinsamen Konzert. „Wir haben echt Schiss“, sagte Steven Stills. Ein Jahr später coverten sie Joni MitchelsWoodstock“. Die Beziehung CSNY wurde lose, dann lieblos.

Paul Butterfield Blues Band (Gage ?$). Paul Butterfield könne als erster Weißer die Mundharmoniker richtig bedienen, meinte die Blues-Prominenz. Die Drogen waren das wahre Problem und beendeten sein erst 44-jähriges Leben.

Sha Na Na (700 $), die Studenten aus New York probten den Sound der Fünfziger. Es sollte danach trotzdem für 25 Alben reichen.

Jimi Hendrix (18.000 $) war Abschluss, weil sein Manager darauf bestand. Er betrat Montagmorgen um 8.30 Uhr – einen halben Tag verspätet – die Bühne, schenkte dem zerfledderten Rest von 40.000 einen phänomenalen Auftritt. 13 Monate später ist der 27-jährige Hendrix (im Bild links unten) dort, wohin ihm die Joplin bald folgte.

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