Drei Ebenen
Pauly weiter: „Die Leute kaufen kurzfristiger Karten, aber das ist ein genereller Trend. Aber ich bin ja nicht nur für das Finanzielle zuständig, sondern auch für die künstlerische Ausrichtung, und die beginnt zu greifen. Denn der Musikverein ist ja ein sehr vielfältiges Haus. Einerseits geht es um die Pflege der großen Geschichte dieses Hauses, um die Tradition. Das machen wir mit Leidenschaft. Das Publikum soll sich im besten Konzertsaal der Welt zu Hause fühlen.“
Ebene zwei? „Die betrifft sehr innovative Elemente, wie den Brahms-Zyklus mit Igor Levit. Im Bruckner-Jahr 2024 (200. Geburtstag des Komponisten, Anm.) stößt die Musik von Georg Friedrich Haas auf jene Bruckners. Das ist ein Programm, das man nur bei uns sehen kann. Ähnliches gilt für den Schwerpunkt von Rebecca Saunders, die Werke nur für unsere Säle komponiert hat.“
Und die dritte Säule? „Sie dreht sich um die Kinder- und Jugendarbeit und die Förderung aufstrebender Künstler. Heuer stehen von der jungen Generation etwa die Dirigentin Karina Canellakis und ihr Kollege Santtu-Matias Rouvali im Fokus. Das wird auch so bleiben. Wir werden immer auch einer jungen Frau ein Porträt geben.“
Viele Kooperationen
Pauly: „Denn wir warten im Musikverein nicht ab, dass diese Künstler in 20, 30 Jahren als Stars zurückkommen. Sondern wir wollen mit ihnen gemeinsam Musikgeschichte entwickeln.“
Wichtig dabei seien vor allem Kooperationen. „Wir hatten eine mit der Albertina, mit dem Wien Museum und haben die Zusammenarbeit mit dem Festival Wien Modern intensiviert.“ Und die Wiener Festwochen? „Dazu kann ich noch nichts sagen. Das ist noch zu früh. Aber jeder weiß, dass ich ein ausgesprochener Freund von Kooperationen aller Art bin.“
Doch wie sieht es mit den großen internationalen Orchestern aus? Kommen die alle wieder zu Residenzen zurück? „Wir können uns im Musikverein glücklich schätzen, es sind alle Künstlerinnen und Künstler der Klassikwelt bei uns vertreten. Das hat mit dem Saal, der Geschichte und den persönlichen Kontakten zu tun. Wir merken im Musikverein keinen Bruch. Zudem haben wir ja auch unsere großartigen Wiener Orchester und Dirigenten wie Riccardo Muti oder Christian Thielemann, die dem Haus seit Jahrzehnten eng verbunden sind.“
Moderate Erhöhung
Die Kartenpreise hat Pauly seit dieser Saison erhöht. „Ja, aber sehr moderat. Wir sind weit unter der Inflation geblieben. Wir haben strategisch entschieden, das sehr zart zu machen. Und das Publikum hat offenbar viel Verständnis dafür, was uns freut. Denn wir wollen ein für alle Menschen offenes Haus sein.“
An die 400 Konzerte als Eigenveranstaltungen bietet man heuer in allen sechs Sälen an. Wie das geht? „Wir haben ein sehr kleines Team. Alle sind mit Herzblut bei der Sache. Manche sind schon sehr lange hier und kennen sich dementsprechend extrem gut aus. Das Team ist großartig. Alle Räderwerke greifen im Musikverein daher auf wundersame Weise ineinander.“
Wie sieht es mit den Planungen aus? „Die Saison 2024/’25 liegt in den letzten Zügen. 2025/’26 ist schon sehr weit gediehen und für 2026/’27 werden schon erste Dinge abgesteckt. Wir sind also sehr gut aufgestellt.“
Was aber möchte Pauly am Ende seiner Intendanz einmal über sich lesen? „Was ich über mich lesen will, darüber denke ich nicht nach. Aber über das Haus. Wenn man da sagen könnte: Das ist immer noch der Musikverein, so wie wir ihn kennen und lieben. Aber über die Jahre sind zusätzlich wahnsinnig spannende Dinge entstanden. Das Publikum hat sich erweitert. Wir sind offener geworden für die vielfältige Bevölkerung. Wir selbst sind gleich geblieben und haben uns zugleich gewandelt. Das Ziel sollte sein, die Tradition lebendig zu halten, aber zusätzliche kreative Prozesse zu entwickeln. Ich denke, wir sind da auf einem guten Weg, den das Publikum mit uns auch mitgehen möchte.“
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