Musikalisch top,  szenisch ein Versuch: "Schwanda" im Museumsquartier

Musikalisch top,  szenisch ein Versuch: "Schwanda" im Museumsquartier
Theater an der Wien zeigt Rarität, die wohl am besten nur konzertant aufzuführen wäre.

Das MusikTheater an der Wien setzt bekanntlich sehr oft auf Raritäten. Das ist schön,  ehrenwert und gut. Doch nicht jedes Werk lässt sich so einfach szenisch auf die Bühne bringen. Denn was tun mit Jaromir Weinbergers 1927 erfolgreich uraufgeführter Oper  "Schwanda,  der Dudelsackpfeifer", die einfach nur böhmische Folklore beinhaltet?

Für das MusikTheater an der Wien hat sich Regisseur Tobias Kratzer im teils öden Bühnenbild von Rainer Sellmaier (auch Kostüme) dieser Geschichte angenommen und die Handlung ins Wien des Jahres 2023 verlegt. Und Kratzer hat sich Arthur Schnitzlers "Traumnovelle' sowie Stanley Kubricks Film "Eyes Wide Shut" - von diesem kupfert er zwei  Mal fast eins zu eins ab - zum Vorbild genommen.  

Musikalisch top,  szenisch ein Versuch: "Schwanda" im Museumsquartier

Worum es geht? Um besagten Schwanda  (der Dudelsack erklingt übrigens nie), der mit seiner Frau Dorota friedlich auf dem Land lebt,  ehe ein gewisser Räuber Babinsky in die traute Zweisamkeit eindringt,  Dorota den Hof macht. Diese verweigert sich,  woraufhin Babinsky Schwanda zu allerlei Abenteuern überredet. Da gibt es eine Eisprinzessin, einen Magier oder auch den Teufel höchstpersönlich... Doch Dorota will "ihren" Schwanda zurück haben.  Soweit der auch in der deutschen Fassung von Max Brod nicht ganz zu rettende Inhalt. 

Man sieht die Spießerwohnung von Schwanda und Dorota,  das mondäne Wohnzimmer der Eisprinzessin und die trostlose Spielhölle samt Sado-Maso-Sexklub des Teufels. Das ist alles ja okay. 

Was sich aber nicht ausgeht: Dass Dorota von Beginn an mit Babinsky im Bett liegt und diesem sich auch gegen Schluss wieder hingibt. Dann verschwindet Babinsky, und klopft dem auf John Lennon getrimmten Schwanda auf die Schulter. Davor gibt es (bitte, kann man das endlich abstellen!) über Video projizierte Taxifahrten durch Wien, ein Besäufnis am Würstelstand und ein paar Sex-Orgien. Letzere sind per Kamera allerdings sehr dezent gehalten. 
 

Musikalisch top,  szenisch ein Versuch: "Schwanda" im Museumsquartier

Womit wir bei der musikalischen Seite wären,  und diese ist exzellent. So spielt und singt der Bariton Andre Schuen einen betörenden,  vokal eindringlichen Schwanda, so gibt die Sopranistin Vera-Lotte Boecker eine fantastische Dorota die in allen Registern brilliert. Tenor Pavol Breslik meistert die anspruchsvolle Partie des Babinsky meist sehr souverän; Ester Pavlu (Königin), Sorin Coliban (Magier) und Kresimir  Strazanac (Teufel) stehen den Genannten vokal um nichts nach. Dass der Arnold Schoenberg Chor eine Bank ist,  versteht sich ja fast schon von selbst. 

Eine pure Freude sind allerdings auch die Wiener Symphoniker mit Dirigent Petr Popelka. Sie bringen Weinbergers Musik herrlich zum Klingen,  mit all den Polkas, dem böhmischen Flair und den auch an Komponisten wie Alexander Zemlinsky gemahnenden Anklängen. Schön, dass man dieses Werk, diese unglaublich farbenreiche vielschichtige Musik wieder hören kann. 

Doch wie man "Schwanda" szenisch umsetzt? Am besten wohl eher gar nicht, sondern nur konzertant.

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