Jährlich grüßt das Rockmurmeltier

Zum zehnjährigen Jubiläum bietet das Festival im burgenländischen Nickelsdorf bekannte Gesichter wie die Band The Prodigy, aber auch ungewöhnliche Auftritte wie jenen von David Hasselhoff.
Jubiläum mit Begleittönen: Seit 2005 wurde die Branche auf den Kopf gestellt + David Hasselhoff-Interview.

Nur rund 50 Opern haben es in das Repertoire der Opernhäuser geschafft – und werden weltweit rauf und runter gespielt.

Das ist im Rockbusiness mittlerweile nicht mehr viel anders: Auch hier hat sich ein enger Kanon an Bands herauskristallisiert, der sich für große Festivals als ausreichend zugkräftiges Angebot eignet. Jährlich grüßt das Rock-Murmeltier.

Große Festivals scheuen das Risiko mit unbekannten oder neuen Bands aus guten Gründen: So hat sich die internationale Konkurrenz seit Bestehen des Nova Rock rasant verschärft, und die Festivals haben auch immer weniger finanziellen Spielraum.

Gagenexplosion

Denn in den vergangenen Jahren sind die Gagen für Live-Auftritte geradezu explodiert. Der Grund: Der Musikmarkt hat sich grundlegend verändert. Galten früher Konzerte und Tourneen als Werbung für ein Album, das dann mit Millionenverkäufen das große Geld brachte, ist es längst umgekehrt.

Die Bands verdienen mit den Tonträgern immer weniger, und wollen daher über das Live-Spielen die großen Einnahmen machen. Einzelne Bands verlangen laut Branchengerüchten das Zwanzig- bis 30-Fache jener Gage, die Ende der 1990er noch üblich waren.

Und große Headliner wollen das Doppelte der ohnehin hohen Headliner-Gagen von einst. So wird es immer schwieriger, exklusive Headliner zu verpflichten. Konkurrenz gibt es hier nicht nur in Europa, auch der Festivalboom in den USA macht es schwieriger, andere Bands als die anderen Festivals an Land zu ziehen.

Auch der Blick über die Grenzen hinaus auf die internationalen Festivals zeigt: Der Gestaltungsspielraum für die Festivalmacher ist eng. Bands, die auf Tour sind, werden von einem Festival zum nächsten durchgereicht. Die Mischung macht dann das Programm. Längst haben große Künstleragenturen und internationale Veranstalter viel Macht gewonnen, die Verhandlungen über Gagen sind beinhart. Programmatischen Gestaltungsspielraum hat man eher abseits der Headliner, im unbeliebten Nachmittag.

Und die Rockfans werden wählerischer – und mobiler: Die Bereitschaft, für ein Festival wie das spanische Primavera zu reisen, wächst.

Die Nova-Rock-Veranstalter haben beim heurigen Jubiläum – man feiert die zehnte Ausgabe – aus der Not eine Tugend gemacht: Mit The Prodigy wurde ein Band als Jubiläumsheadliner eingeladen, die auch schon bei der ersten Ausgabe 2005 dabei war – man feiert also mit alten Bekannten. Auch 2010 war die Band in Nickelsdorf, und damit bei einem knappen Drittel der bisherigen Nova-Rock-Ausgaben zu sehen.

Auch Mando Diao waren bereits bei der ersten Ausgabe des Nova Rock dabei, dann 2007 – und spielen am morgigen Samstag auch bei der Jubiläumsausgabe. In der zehnjährigen Geschichte des Festivals gibt es einige weitere Bands, die zu alten Bekannten geworden sind.

Jährlich grüßt das Rockmurmeltier
epa03731259 Tom Araya of US thrash metal band Slayer performs at the Impact Fest 2013 in Warsaw, Poland, 04 June 2013. The festival runs until 05 June. EPA/JACEK TURCZYK POLAND OUT
Slayer, etwa: 2007, 2010, 2012, 2014.

Die steigenden Kosten für Bands lassen sich durch steigende Ticketpreise kaum abfangen. Schon lange fragt sich die Branche, ob noch viel an der Preisschraube gedreht werden kann: In Deutschland gab es 2013 schon Besucherrückgänge. Und eine nicht erfolgreiche Festival-Ausgabe kann, vor allem bei kleineren Veranstaltungen, schon die letzte sein. So sind Festivals längst enge Mischkalkulationen: Über Catering und Werbung müssen hohe Zusatzeinnahmen lukriert werden.

Festivals sind ein gutes, aber noch riskanteres Geschäft geworden.

Es ist ein Kreuz auf Festivals, dass man sich zwischen mindestens zwei Bühnen entscheiden muss und niemals alle Bands sehen kann. Sie spielen fast parallel und auch der Weg von einer Bühne zur anderen ist meistens nicht der Kürzeste. Schlussendlich gibt es nur eine Möglichkeit: Man muss sich im Vorhinein entscheiden, wen man sehen will.

Auch in diesem Jahr überlässt das Nova Rock in Nickelsdorf seinen Besuchern die Qual der Wahl, denn außer Black Sabbath muss jede Band gegen eine andere antreten.

Wir haben uns in der Redaktion umgehört und demokratisch wie wir sind, unsere Entscheidungen getroffen.

Info: Das gesamte Line Up gibt es hier.

Mindestens ebenso hart wie viele Bands am Nova Rock ist die Tatsache, dass nach den 60ern und den 70ern nun auch die 80er und 90er abseits der Musik ihr Comeback feiern. Immerhin sorgt diese Misere aber dafür, dass das Nova Rock am Samstag einen so überraschenden wie kultigen Geburtstagsgast hat:

David Hasselhoff.
Ja, der David Hasselhoff.

Der von „Knight Rider“ und „Baywatch“, der zur sanften Verwunderung der restlichen Welt in Österreich und Deutschland auch zum Popstar wurde. Und „The Hoff“ ist längst auch bei der nächsten Generation Kult.

„Es ist verrückt“, sagt Hasselhoff im KURIER-Gespräch. „,Knight Rider‘ und ,Baywatch‘ sind im Fernsehen zu sehen, ich mache Werbungen im Internet und ich war bei ,Sponge Bob‘. The Hoff ist auf der ganzen Welt höchst lebendig. Um ehrlich zu sein: Ich weiß wirklich nicht, wie das gekommen ist.“ Hasselhoff ist gut gelaunt am Handy in Italien. Er ist unterwegs zu einer Radioaufnahme für eine 80er-Jahre-Show, in der u. a. Rick Astley und Samantha Fox auftreten.

Aprilscherz

Und er scheint selbst begeistert davon, wie beliebt er ist. „Ich habe einen Aprilscherz gemeinsam mit Google gemacht: In alle hochgeladenen Fotos im Social Network von Google wurde ein Bild von mir eingefügt. Das wurde so groß: 30 Millionen Menschen wollten ein Foto mit mir!“

Und zwar vorwiegend junge Männer, was ein gutes Zeichen fürs Nova Rock ist: Immerhin tritt Hasselhoff dort nach hartem Musikstoff wie Iron Maiden und Anthrax auf. „Ich hoffe, die Heavy-Metal-Fans buhen mich nicht von der Bühne“, sagt Hasselhoff und lacht. „Ich liebe Prodigy und harte Musik, aber ich hätte nie gedacht, dass ich auf einem Heavy-Metal-Festival spielen werde.“

Er werde aber keine Heavy-Metal-Version von „I’ve Been Looking For Freedom“ darbieten: „Das wäre zu verwirrend für das Publikum. Ich werde alle meine Hits spielen, viel Spaß und Publikumsanimation machen. Am Schluss sollen 300 Leute bei mir auf der Bühne stehen. Das wird hoffentlich allen viel Spaß machen.“

Auch ein Knight-Rider-Auto soll dabei sein: „Es ist schwer, ein Auto auf die Bühne zu bringen“, sagt Hasselhoff. Aber er wird es versuchen – immerhin hatte er in Österreich seinen ersten Auftritt als Popsänger überhaupt. „1987 stand ich in Wiener Neustadt auf einem Auto und sang ,Night Rocker‘“, erzählt Hasselhoff. „Seitdem haben wir 40 Gold- und Platinalben bekommen, und 27 Jahre später bin ich immer noch da.“

Es war eine ungewöhnliche Karriere, die bis ins Weltpolitische spielt. So ist Hasselhoff Star einer aktuellen National Geographic-Doku über den Fall der Berliner Mauer. „Ich hatte gar nichts mit dem Fall der Mauer zu tun“, betont Hasselhoff. „Absolut nichts. Aber die Menschen hinter der Mauer haben wirklich meinen Song ,Looking For Freedom‘ gesungen. Mein Lied war in den Herzen und Hirnen der Menschen, wegen des Wortes ,Freiheit‘. Das haben sie mir in der Doku erzählt, und das war ein sehr bewegender Moment.“

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