Man wird nicht behaupten können, dass es schnell ging. Die Geschichte beginnt im Herbst 2002. Damals stellte man im Künstlerhaus unterirdische Erweiterungspläne vor, damit das benachbarte Wien Museum, das noch Historisches Museum der Stadt Wien hieß, mehr Platz bekommt. Direktor Günter Düriegl wie auch sein designierter Nachfolger Wolfgang Kos sprachen von einer großen Chance. Denn die Schachtel von Oswald Haerdtl, 1959 eröffnet, war zu klein dimensioniert. Sollte sich das Projekt nicht realisieren lassen, so Kos, „wird man einen Neubau für das Museum fordern müssen“.
Ein halbes Jahr später, nach Amtsantritt, führte Wolfgang Kos durch das Gebäude, um die Raumnot zu demonstrieren: Ein Ausstellungssaal wurde als Depot missbraucht (weil es keinen Tiefspeicher gab), der Studiensaal als Passepartoutschneiderei. Und die Halle für Wechselausstellungen hatte bloß 370 Quadratmeter. Kein Witz!
Doch Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) erging sich in Langmut. 2008 gab Kos bei drei Architekturbüros Machbarkeitsstudien für die Konzernzentrale am Karlsplatz im Auftrag: „Meine Aufgabe ist es, das Museum zukunftstauglich zu machen. Wir brauchen für die neu konzipierte Dauerausstellung zumindest 5.000 m2 Platz.“ Der Vorschlag von Henke Schreieck, ein schwebendes Geschoß aus Glas über dem Haerdtl-Bau, war fulminant (und, wie sich zeigen sollte, richtungsweisend). Kos konnte sich aber auch einen Neubau andernorts vorstellen – etwa am Morzinplatz.
Ein Jahr später, im August 2009, kündigte Mailath-Pokorny einen Neu- oder zumindest Erweiterungsbau an, der in der nächsten Legislaturperiode realisiert werden sollte: Bis zur Landtagswahl 2010 wollte er die Grundlagen für den Architekturwettbewerb vorbereitet haben.
Doch nach der Wahl schob der Stadtrat das Projekt wieder auf die lange Bank. 2012 lobbyierte Mailath-Pokorny gar für einen Standort beim Hauptbahnhof, Kos war entsetzt. Das Gros der Fachleute riet wohlweislich ab. Erst im Jahr darauf beschloss der Gemeinderat, das Gebäude zu sanieren und zu erweitern.
Und dann dauerte es wieder viele Monate. Im November 2015 – Kos hatte kurz zuvor die Leitung Matti Bunzl übergeben – entschied das Team Certov, Winkler + Ruck Architekten den Wettbewerb für sich. Die Begeisterung hielt sich Grenzen: Der denkmalgeschützte Bau schien regelrecht vom dunklen „Schwebegeschoss“ erdrückt zu werden. Die Kronen Zeitung prägte den amüsanten Ausdruck „fette Matratze“.
Nun folgten die Jahre der Detailplanung und der Abänderungen. Im April 2018 beschloss der Gemeinderat die Finanzierung in der Höhe von 108 Millionen Euro für alles zusammen (samt Einrichtung). Anfang Februar 2019 schloss das Museum die Pforten. Ein halbes Jahr lang wurde ausgeräumt, danach kam es zur „Entkernung“ des Gebäudes: Außer dem Stahlbeton-Skelett und ein paar Ziegelmauern blieb nichts übrig.
Die nachempfundene Fassade
Im Juli 2020 durften Bürgermeister Michael Ludwig und Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) beim Spatenstich-Fototermin als Hackler posieren. Im März 2023 kam es zur Übergabe des fertigen Gebäudes, dem ein Pavillon aus Glas (bzw. Windfang) vorgelagert worden war. Bei einer Presse-Begehung gaben Ferdinand Certov und Roland Winkler freimütig zu, was man zuvor in Abrede gestellt hatte: „Es ist eine komplett neue Fassade.“ Außen blieb nichts original. Aber die „fette Matratze“, in Weißbeton ausgeführt, hat ihren Schrecken verloren. Und vom „Fugengeschoss“ aus hat man eine tolle Sicht auf die Karlskirche.
Jetzt muss noch Bunzl liefern. Viele Ausstellungen. Er startet aber erst im Februar 2024 – mit Fischer von Erlach. Ein Burner. Bis dahin kann man sich gratis die Dauerausstellung mit 1.700 Objekten von der Steinzeit bis zum Jahr 1989 auf 3.300 m2 anschauen. Und über die Großobjekte – darunter der Prater-Wal und die Bürgermeister-Kutsche – im ehemaligen Atrium staunen.
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