Museum der Moderne: Flug zum Mond mit sehr viel Ironie
Das Wettrennen mit dem Mond als Thema gewann die Kunsthalle Krems knapp: Mitte Juli wurde „Ticket to the Moon“ eröffnet. Eine Woche später folgte das Museum der Moderne auf dem Mönchsberg in Salzburg. Mit „Fly Me to the Moon“ liefert es aber den elaborierteren Beitrag.
Beiden Ausstellungen gemeinsam ist der Anlass, die Landung der Eagle auf dem Mond vor 50 Jahren im Rahmen der Apollo-11-Mission. Da wie dort wird das epochale Ereignis in ein größeres Ganzes eingebettet: Es geht nicht nur um den Umgang der Kunst mit der Mondlandung und den Folgen, der Kolonialisierung, sondern um um den Mond an sich – und um die endlosen Weiten des Weltraums. Das Thema ufert also ein wenig aus, zumal die beiden Ausstellungen auch Materialsammlungen sind.
Die Kuratoren – Cathérine Hug in Salzburg, Andreas Hoffer in Krems – haben eben versucht, möglichst viele Aspekte zu beleuchten. Dass es dabei zu Verdoppelungen beziehungsweise Überschneidungen kommen muss, liegt auf der Hand. In beiden Ausstellungen stößt man z. B. auf Beiträge von Lena Lapschina, Sonja Leimer, Nives Widauer und Thomas Riess.
Da wie dort erklärt man zudem die „Stoned Moon Series“: Robert Rauschenberg wurde von der NASA nach Cape Canaveral eingeladen, um dem Start der Apollo-11-Rakete beizuwohnen. Anschließend versorgte man den „Artist in Residence“ mit Fotografien und technischen Zeichnungen. Auf Basis dieses Materials entstand ein Zyklus aus 34 Steindrucken.
Püppchen auf dem Mond
Zwei Jahre später, 1971, beauftragte die NASA den belgischen Künstler Paul Van Hoeydonck, eine weder ethnisch noch geschlechtsspezifisch identifizierbare Statuette herzustellen, die an die verunglückten Astronauten und Kosmonauten erinnern soll. Die Crew der Apollo 15 hinterließ die kleine Aluminiumfigur samt einer Plakette mit den Namen von insgesamt 14 Gefallenen auf dem Mond.
Als Ergänzung ist im Museum der Moderne eine Installation von Amalia Pica zu sehen, die unter dem Titel „Moon Golem“ auf „Fallen Astronaut“ Bezug nimmt. Und genau diese Arbeit macht exemplarisch den Unterschied der beiden Ausstellungen aus: Cathérine Hug bietet einfach mehr – und sie lotet tiefer aus.
Erstaunlicherweise zitiert man da wie dort Songtitel: In Krems verweist man auf „Ticket to the Moon“ des Electric Light Orchestras, in Salzburg mit „Fly Me to the Moon“ auf Frank Sinatra. Doch das Lied, Mitte der 50er-Jahre von Bart Howard unter einem anderen Titel („In Other Words“) komponiert, wurde nur von ihm gesungen – erst 1964. Bereits ein Jahr zuvor hatte die aus Kärnten gebürtige, in New York lebende Pop-Art-Künstlerin Kiki Kogelnik das großformatige Bild „Fly Me to the Moon“ gemalt. Auch wenn es eher mit Mann–Frau und Sex denn mit Raumfahrt zu tun haben dürfte: Die Salzburger Schau, realisiert zusammen mit dem Kunsthaus Zürich, hätte sich ruhig auf dieses Bild beziehen können. Denn was auffällt: Viele Beiträge stammen von Frauen, etwa von Zilla Leutenegger, Niki de Saint Phalle, Cristina de Middel und Pipilotti Rist – und sie gehören zu den besten.
Kunstpelz auf der Venus
Die Schweizer Künstlerin Sylvie Feury zum Beispiel ironisiert das männlich dominierte Bild des Raumfahrers, indem sie dem Abdruck des „Moonboots“ jenen eines Stöckelschuhs zur Seite stellt („High Heels on the Moon“). Und sie überzieht die phallische Form einer Rakete mit weißem Kunstpelz („First Spaceship on Venus“). Ziemlich witzig sind auch ihre schlaffen Sitzsack-Raketen.
„Fly Me to the Moon“ ist insgesamt eine äußerst unterhaltsame Sache. Werner Reiterer, ein Steirer, lässt in der Installation „Anfänge der Raumfahrt“ sein Alter Ego in lichte Höhen schweben: Die lebensgroße Puppe hängt am Schlauch einer riesigen Gasflasche; das Experiment scheitert leider bereits an der Saaldecke. Oder: Gianni Motti hat den Abdruck eines Schuhs mit tiefem Profil in Bronze gegossen. Angeblich sein „First Step in Belgium“.
Das beinahe logische Plakatmotiv stammt von Vladimir Dubossarsky und Alexander Vinogradov: Die Russen überwinden in Pop-Art-Manier den Kalten Krieg, der ein Auslöser für das Rennen zum Mond wat, indem sie die US-Barbie in einen UdSSR-Kosmonautenanzug stecken.
Auch das Rundherum der Ausstellung (bis 3.11.) ist liebevoll gestaltet. Im Lift auf den Mönchsberg hört man natürlich David Bowie („Space Oddity“) – und die Pfeile des Wegweisers führen u. a. zum Kosmodrom Wostotschny, zum Raumfahrtzentrum Guayana, zum Mond und zum Museumsshop.
Einen Minuspunkt gibt es aber: Wenn man schon derart viel Beispiele über das Licht des Mondes in der Kunstgeschichte bringt, dann dürfte ein Caspar David Friedrich eigentlich nicht fehlen.
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