Kunst zum Jubiläum: Der Mond liegt in der Bratpfanne
Ist die Landung der ersten Menschen auf dem Mond, die sich am kommenden Sonntag zum 50. Mal jährt, für die bildende Kunst tatsächlich von Relevanz? Diverse Museen und Ausstellungshäuser tun derzeit so. Die Gefahr ist, dass damit die Vorstellung genährt wird, Künstler könnten das Ereignis irgendwie treffender fassen als die vielen Erzählungen, die auf technische, politische oder mediengeschichtliche Aspekte des Ereignisses fokussieren. Kunst funktioniert aber nur selten so, Frust scheint vorprogrammiert.
Die Kunsthalle Krems hat mit ihrer Schau „Ticket to the Moon“ insofern eine elegante Tangente an das Jubiläum angelegt, als sie den Nacherzählungsaspekt klein hält. Ja, es gibt eine Nostalgiekammer, in der man zum Auftakt eine Zusammenschau der TV-Übertragung von 1969 vor einer Sixties-Tapete betrachten kann. Und ein Weltraum-Enthusiast lieh der Kunsthalle seine Sammlung signierter Astronauten-Fotos, die er als Jugendlicher von der NASA erhalten hatte: So weit, so unkünstlerisch.
Raumfahrt im Atelier
Der Einfluss des Mondflugs auf Kunstschaffende, so lässt sich nach dem Gang durch die schwach beleuchteten Räume folgern, liegt eher darin, dass er neue Bilder verfügbar und interessant machte: Die karge Mondoberfläche lässt sich als abstraktes Gebilde, als Textur und Skulptur begreifen; der Blick vom Weltraum auf die Erde ergibt andere Größenverhältnisse und Distanzen; zuletzt bleibt die Gewissheit, dass es auf der dunklen Seite des Mondes noch mehr gibt, das sich nicht leicht sichtbar machen lässt.
Bei vielen Beiträgen, die Kurator Andreas Hoffer versammelte, liegt das Kunstvolle gerade darin, auf technischen Aufwand und optische Spektakel zu verzichten. Bei Wendelin Pressl etwa blickt man durch ein simples Rohr oder eine aus Pappe gebaute Kamera gegen die bloße Wand – und vermeint doch, den Mond zu sehen. Der Künstler Sebastian Speckmann wiederum entdeckte eine Publikation aus dem Jahr 1880, in der versucht wurde, die Mondoberfläche durch erhitzte Öle in einer Bratpfanne nachzuempfinden: Speckmann reproduzierte das Bild als großen Linolschnitt. Die Gruppe Mahony baute ihren „Schäbigen Mond“ 2006 aus Post-Its und beleuchtete ihn mit einer Taschenlampe, um ein romantisch anmutendes Foto zu inszenieren; Nives Widauer holte Mond- und Sternmotive auf Kitschteppichen oder Häkeldeckerln vom Himmel.
Kosmisch zeichnen
Die Idee, dass Künstler eher ihren eigenen Kosmos schaffen, als die Raumfahrt zu kommentieren, spinnt sich auch in der Schau „Land Art“ weiter, die sich den Raum der Kremser Kunsthalle mit der Mond-Ausstellung teilt.
Durch die Perspektive aus dem Weltall habe man begonnen, die Landschaft als Mal- und Zeichenfläche zu begreifen, erklärt Kurator Florian Steininger, „gezeichnet“ wurde dann oft mit dem Bulldozer. Illustriert wird das mit dem Film zu Robert Smithsons „Spiral Jetty“, jener in den Salzsee von Utah gezogenen Spirale, die als Hauptwerk der Land Art gilt (der Begriff wurde ebenfalls 1969 geprägt). Ein zweiter Film dokumentiert das Werk „Sun Tunnels“ von Smithsons Partnerin Nancy Holt (1976): In durchlöcherten Betonrohren ergibt sich hier ein Schattenspiel, das im Tagesverlauf eigene „Sternbilder“ zeichnet.
Uneben wirkt allein die Balance der Ausstellungen untereinander: Während „Ticket to the Moon“ im unteren, großen Saal der Kunsthalle etwas ausfranst, scheint die Land-Art-Schau mit ihren wenigen Arbeiten in ein zu enges Gewand gezwängt.
Wie Hoffer und Steininger erklären, war „Ticket to the Moon“ zunächst nur als Ergänzung zu der eher kulturhistorisch angelegten Präsentation „Wettlauf zum Mond“ im angrenzenden Karikaturmuseum geplant; nun ist die Land Art zur Fußnote geworden. Als Gesamtpaket sind die Ausstellungen jedenfalls den Besuch wert. Erwarten Sie bloß nicht einen simplen Mond-Lehrpfad.
Info: Wo Mondlicht die Ausstellungshäuser erhellt
Die Kunstmeile Krems feiert die Mondlandung am Samstag (20. 7.) mit einem großen Familienfest; die Ausstellung „Wettlauf zum Mond – die fantastische Welt der Science-Fiction“ im Karikaturmuseum ist bis 27. 10. zu sehen, „Ticket to the Moon“ und „Land Art“ in der Kunsthalle laufen bis 3. 11.
Ab 20.7. ist auch die große Ausstellung des Museum der Moderne Salzburg zum Jubiläum für Publikum geöffnet: „Fly Me to the Moon“ (bis 3. 11.) will einerseits die Faszination des Mondes vor der Mondlandung, andererseits die künstlerischen Echos des Ereignisses zeigen. Ebenfalls am Samstag eröffnet die ERES Stiftung München die Schau „Zero Gravity“: Sie zeigt u.a. Werke von Sonia Leimer oder Hans Schabus in einer Raumistallation von Peter Kogler (bis 30.11.)
„Fly Me to the Moon“ heißt auch eine Online-Ausstellung der Mediathek im Technischen Museum Wien. Dieses hat auch eine physische Ausstellung in seinen Räumen eingerichtet – „High Moon“ läuft bis zum 6. 10. Das Haus der Geschichte Österreich zeigt bis 1. 9. Österreichs Beiträge zur Raumfahrt.
Und im Amerika-Haus in Wien (zu sehen bei dortigen Events) zeigt der Journalist Otmar Lahodynsky Briefmarken, Sonderstempel und Zeitungscover, die er rund um die Mondlandung gesammelt hat. Er habe damals als 15-Jähriger die Kontroll- und Telekom-Stationen, "von denen aus das waghalsige Manöver der Flüge zum Mond gesteuert oder beobachtet wurde", um Marken und Stempel ersucht, sagt Lahodynsky: "Einige Wochen später erhielt ich dann Post aus Houston oder Cape Canaveral, aber auch aus exotischen Plätzen wie Guam, den Seychellen, Antigua, Barbados. Auch von Schiffen der US-Marine, die an der Bergung der Kapsel mit den heimgekehrten Astronauten teilnahmen, erhielt ich interessante Stempel". Die im Amerika-Haus gezeigte Sammlung reicht von Apollo 8 bis Apollo 14.
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