Der Weltraum im Karikaturmuseum: Unendlicher Witz
Will man erspüren, wie Menschen einst über ein historisches Ereignis dachten, lohnt es sich, in alten Printprodukten nicht bloß auf die Kommentare und Leitartikel, sondern auch auf die Karikaturen zu schauen: Das gilt für den Wiener Kongress, den Ersten Weltkrieg, die Staatsvertragsverhandlungen („Jetzt noch d’Reblaus!“) und auch für die erste Mondlandung, deren 50. Jahrestag heuer gefeiert wird.
Das Karikaturmuseum Krems hat das Jubiläum zum Anlass genommen, um seine große Sonderausstellung (bis 27.10.) unter das Motto „Die fantastische Welt der Science Fiction“ zu stellen. Wobei sich bei einem solchen Thema allerdings unendliche Weiten auftun, die kein Karikaturmuseum je durchmessen könnte. So sind unter einem Dach vier sehr unterschiedliche Ausstellungen entstanden.
Historisch-komisch
Der erste, dichteste Teil der Schau widmet sich dem „Wettlauf zum Mond“ bis zum Jahr 1969 und damit weniger der Science Fiction als der Historie: Die Visionen einer Reise zum Mond und darüber hinaus wurden schon in die Welt projiziert, bevor das politische und symbolische Wettrüsten im Kalten Krieg tatsächlich losging, und die hochfliegenden Ideen wurden von Karikaturisten süffisant mit der Alltagsrealität konterkariert.
So ließ Fritz Gareis bereits 1920 eine Wiener Straßenbahn in Richtung Mars starten, und Ladislaus Kmoch imaginierte 1937 ein „Weltraumdirndl“ als Kleidungsstück für die wohl bald anstehende Reise ins All.
Kurator und Museumsdirektor Gottfried Gusenbauer kombinierte comicgeschichtlich teils höchst interessante Blätter mit Medienberichten rund um die Mondlandung und zeigt in Vitrinen exemplarisch Klassiker der Science-Fiction-Literatur von Isaac Asimov bis Aldous Huxley.
Retro-Remix
Das Sci-Fi-Genre reflektierte freilich stets mehr seine eigene Gegenwart, als tatsächlich in die Zukunft zu schauen, und die Museums-Hausheiligen Manfred Deix, Gerhard Haderer und Erich Sokol machten diese Parallelwelten für ihre Gegenwartsdiagnosen ebenso urbar wie Michaela Konrad, der eine große Fläche in der Schau gewidmet ist: Im Retro-Look von Comics der 60er Jahre prangert die aus Graz stammende Künstlerin hier das Kontrollregime von Google und Facebook oder die Wutpolitik Donald Trumps an.
Die größte Dosis Retro-Futurismus bietet aber die (eine Spur zu umfangreiche) Präsentation von Illustrationen zur Perry-Rhodan-Reihe, die der Deutsche Johnny Bruck seit 1961 anfertigte. Das verzweigte Epos, das Deutschland zumindest im Reich der Fiktion den Anschluss ans Raumfahrtzeitalter ermöglichte, gilt größter Fortsetzungsroman der Welt, vor kurzem erschien das 3000. Heft.
Die Kremser Schau fokussiert auf das Visuelle, das für heutige, an Computergames und Superheldenfilme gewöhnte Augen doch recht ältlich anmutet. Interessant ist dennoch, wie sich Illustrator Bruck seine Welt-Traum-Bilder zusammenmixte – für das erstmals 1962 publizierte Perry-Rhodan-Porträt auf Band Nr. 19 wurde etwa ein Foto des Transatlantikpiloten Charles Lindbergh ganz direkt übernommen.
Zur Zirkulation von Sci-Fi-Bildern in der kulturellen Sphäre könnte man freilich noch viele Ausstellungen gestalten. Das Karikaturmuseum gibt hier den Ball im Juli an die Kunsthalle weiter, die ebenfalls eine Präsentation zum Thema Mondlandung im Programm hat. In der aktuellen Schau zeigt das Karikaturmuseum dafür noch zwei Einzel-Positionen: Die hervorragende Reihe „ASH – Austrian Super Heroes“ und das tolle Kinderbuch „Armstrong – Die abenteuerliche Reise einer Maus zum Mond“ von Torben Kuhlmann kommen auf diesem Weg zu musealen Ehren.
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