Die künftige Mumok-Direktorin: Fatima Hellberg faselte ein wenig
Man könnte sagen: Wo Vögel sind, fliegen Vögel zu. Man könnte aber auch sagen: Mehr vom Gleichen. Und zwar im Museumsquartier, wo Kunsthalle Wien und Museum moderner Kunst aneinandergrenzen.
Am 14. April 2023 stellte Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler die Leiterin der Kunsthalle ab dem heurigen Sommer vor. Die 1977 geborene Britin Michelle Cotton, von 2015 bis 2019 Direktorin des Bonner Kunstvereins, sagte, dass sie das Haus öffnen und ein diverseres Publikum erreichen möchte. Besonders wichtig sei es ihr, die Kunsthalle zu einem „lebendigen Ort mit einer engagierten Community“ zu machen. Es fielen die Worte „Verankerung“ und „Diskurs“.
Am 11. April 2024 stellte Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer die Leiterin des Museums moderner Kunst ab Oktober 2025 vor. Die 1986 geborene Schwedin Fatima Hellberg, seit 2019 Direktorin des Bonner Kunstvereins, sagte, dass „ein Geist der Lebendigkeit“ in das Haus einziehen werde, ihre Vision sei „ein lebendiges Museum“. Sie stehe für „Flow, Offenheit und Austausch“ und begreife Museum als demokratischen Ort. Es fielen die Worte „Anker“ und „Dialog“.
Frau Hellberg hätte, sagte Mayer, mit einem überragenden Konzept – den drei Schlagworten „Brückenbauen, Lifeness und Hosting“ – bestochen. Zunächst aber dankte sie Karola Kraus, die das Mumok seit 2010 leitet und sich nicht nochmals um eine Vertragsverlängerung bemühte: „Du hast zahlreiche unvergessliche Ausstellungsmomente geschaffen, die in dieser Stadt Spuren hinterlassen haben.“ Und auch Hellberg würdigte Kraus für deren „bemerkenswerte Arbeit“. Auf Nachfrage, was denn das Bemerkenswerte gewesen sei, beschränkte sich Hellberg auf die „feministische Auseinandersetzung“.
Karola Kraus schlug bekanntlich einen anderen Weg als ihr Vorgänger Edelbert Köb ein, der publikumswirksam programmierte und mit spektakulären Inszenierungen – etwa 2007 mit dem aufs Mumok herabgestürzten Einfamilienhaus von Erwin Wurm – Öffentlichkeit generierte: Sie verschanzte sich hinter den Basaltmauern des Solitärbaus und begnügte sich mit mageren Besucherzahlen.
An der Architektur setzte Hellberg bei ihrer Vorstellung an: „Gerade weil dieser Raum etwas von monolithischer Geschlossenheit ausstrahlt, ist es wichtig, ihn mit Leben zu füllen.“ Und sie sprach von Durchlässigkeit: „Die Wand soll zur Membran werden – von außen nach innen und vice versa.“ Aber sie mag, sagte sie, das Gebäude in seiner Schwere und Schönheit.
Sie hat ja bereits Erfahrung mit Ortner & Ortner: Die Mumok-Architekten bauten 1986 einen 800 Quadratmeter großen Teil der Bonner Blumenhalle zum Ausstellungsforum unter anderem für den Bonner Kunstverein um. Im Vergleich dazu ist das Mumok mit 4.800 Quadratmetern Ausstellungsfläche ein gigantisches Gewächshaus. Daher verwundert es, dass Mayer unter den vielen Bewerbungen (17 Frauen und sieben Männer) gerade Fatima Hellberg erwählte, die noch nie ein Museum geleitet hat.
Und noch mehr verwundert die Bestellung im Zusammenhang mit dem Nahostkrieg: Am 19.Oktober 2023, knappe zwei Wochen nach dem beispiellosen Terrorangriff der Hamas auf die israelische Zivilbevölkerung, veröffentlichte das Magazin „Artforum“ einen offenen Brief. Darin heißt es unter anderem: „Wir fordern, dass das institutionelle Schweigen über die andauernde humanitäre Krise, der 2,3 Millionen Palästinenser im besetzten und belagerten Gazastreifen ausgesetzt sind, unverzüglich gebrochen wird. (…) Schweigen in dieser drängenden Zeit der Krise und des eskalierenden Völkermords ist keine politisch neutrale Position.“
Nachzulesen ist der Brief hier (externer Link).
Unterzeichnet wurde der offene Brief von ziemlich vielen Fatimas. Eine davon war Fatima Hellberg. Auf Nachfrage der „Presse“ faselte sie ein wenig, um mit der Bemerkung zu schließen: „We are digging deeper.“ Ob sie die Tunnels meinte, ließ sie offen. Und Andrea Mayer sagt – nichts.
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