Mönche: Vom Himmel direkt in die Top Ten

Mönche: Vom Himmel direkt in die Top Ten
Wie die Zisterzienser aus Heiligenkreuz mit Liedern von Leiden, Tod und Auferstehung zum zweiten Mal die Charts stürmen wollen.

Manchmal spielt der liebe Gott selber mit. Ausgerechnet, als die Amerikaner hier eine Doku über die Mönche drehten, hat ein amerikanisches Mädchen Beistand gesucht. Es kommen viele Suchende, aber das kann kein Zufall gewesen sein. Deswegen ist die Doku "Top Ten Monks" des Senders HBO über den Welterfolg der singenden Mönche von Heiligenkreuz auch so gut: Es ist den Amerikanern gelungen, "das Übernatürliche rüberzubringen", frohlockt Pater Karl. Und das in nur einer Woche Dreharbeiten.

Am Freitag erscheint die neue CD der Heiligenkreuzer. Sie soll so erfolgreich werden wie die erste, die sich 1,2 Millionen Mal verkaufte. Am Erfolg wird auch Pater Karl teilhaben. Pressearbeit ist sein Hobby. Im Hauptberuf ist der 48-Jährige Professor für Dogmatik: "Ich erkläre dem lieben Gott die Dreifaltigkeit", scherzt er routiniert. Heute erklärt er Journalisten das Kloster.

Digitale Kanzel

Mönche: Vom Himmel direkt in die Top Ten

Vor dem Foto ein rascher Blick den Habit hinunter, die Essensreste vom Frühstück wegputzen. Schinken und Käse hat es gegeben, "nicht, dass Sie glauben, wir essen nur Haferbrei." Nein, glaubt eh niemand. In der Küche werden mittags Schnitzel und Pizza gekocht. Heute gibt es Schweinsbraten. Serviert wird im Gästespeisesaal von den Mönchen selber. Fürs Kochen gibt es "unsere Damen". Gäste kommen, wenn sie "Tage der Stille" genießen wollen. Für weniger als 10 Euro pro Nacht gibt's Kost, Logis und Teilnahme am Gebet.

Pater Johannes Paul, Geburtsname Jakob Chavanne (so steht es auch im Pass), ist zweiter Presseverantwortlicher. "Er macht den seriösen Teil" grinst Pater Karl und wird wieder ernst. Es geht ja bei der PR-Arbeit für ein Kloster um ernste Dinge. Ums Geistliche. "Wir wollen vermitteln, dass wir in Gott verliebt sind." Sagt's, und ist schon in den Kreuzgang ums Eck verschwunden.

Werbung für den Glauben macht man auch mit Social Media. 4621 Freunde haben die Heiligenkreuzer auf Facebook, die YouTube-Videos der Mönche wurden bisher 800.000-mal angeklickt. "Wissen Sie, wie lange ich predigen muss, um 800.000 Menschen zu erreichen? Facebook ist die digitale Kanzel", sagt Pater Johannes Paul, sicher nicht zum ersten Mal.

Kreuzerl machen

Ursprünglich kommt er aus dem dritten Wiener Gemeindebezirk. Dürfen wir schreiben, dass er eigentlich Jakob heißt? Nein, das gehört nicht hierher. Andererseits: Die Mama freut sich, wenn sie über ihn liest. Er buchstabiert seinen Familiennamen. Den Klosternamen sucht man sich aus. Genauer: Man darf auf einer Liste drei Namen ankreuzen, einer wird's dann.

Seit fünf Jahren ist er jetzt hier, hat 2002 maturiert, später als geplant. In der 5. ist er sitzen geblieben, Mathe und Latein. Jetzt verbringt er mehr Zeit mit Latein, als er damals gedacht hätte. Er war "ein Jugendlicher wie alle anderen." Hat Nirvana gehört und Pink Floyd und hat am Abend, bevor er ins Kloster gegangen ist, noch im U4 getanzt. Heute ist er der Meinung, dass weltliche Diskotheken nichts anderes als Nachbildungen einer Kirche sind: Rauch, Musik, Lichtspiele. Über 800 Jahre ist das Kloster alt. Das beeindruckt mehr als Pink Floyd. Darauf ist er gekommen, als er einen Satz des damaligen Papstes Johannes Paul hörte: "Sich nicht mit Mittelmäßigkeit zufrieden geben".
86 Mönche leben im Stift, der höchste Personalstand seit 100 Jahren. Heiligenkreuz im Glaubenshoch.

Die Kirchen-affine Dorfjugend - sie nennt den Pater "JP"- trifft sich im Jugendzimmer des Klosters zum Filmschauen: "Terminator", "Keiner haut wie Don Camillo" stehen zur Auswahl. "JP" liest lieber. Kafka, Dostojewski. Zuletzt "Der
Idiot", das reicht für eine Weile. Jetzt geht's in den Fitnessraum. Sonst spannt die Hose unter dem Habit. Beim Bankdrücken hört er die Art von Musik, die man halt so hört im Fitnesscenter. Keinen Choral jedenfalls.
Wie erklärt er sich den Erfolg der singenden Mönche? "Wir haben unser Herz hineingelegt. Die Leute spüren, das kommt vom Himmel."

Chartstürmer: In einer Linie mit Falco und DJ Ötzi

Mönche: Vom Himmel direkt in die Top Ten

Die Choral-CD "Chant - Music for Paradise" hat die Zisterzienser in die Pop-Charts gebracht. 1,2 Millionen Mal hat sich die CD verkauft. In England waren die Mönche in den Top Ten, was bisher aus Österreich nur Falco und DJ Ötzi gelungen war. Platin in England und Deutschland, siebenfach‐Platin in Österreich, Gold in Holland, Belgien, Polen, Frankreich, Schweiz und vielen anderen Ländern; die CD führte wochenlang die Charts in den USA an.
Jetzt kommt die neue CD, sie trägt den Titel "Chant - Amor et Passio". Es geht wieder um Gregorianischen Choral. Der Titel "Liebe und Leiden" bezieht sich auf die Gesänge vom Leiden, Sterben und Auferstehen Christi.
Den Presserummel sehen die Mönche gelassen: Pater Karl, der PR-Pater von Heiligenkreuz, lässt sich nicht so leicht von Medien beeindrucken. Er hat ständig mit ihnen zu tun. ZDF, ORF, HBO haben hier gedreht, die Heiligenkreuzer Mönche waren bei "Wetten dass..?", vorige Woche erst bei Barbara Stöckl.

Schon beim Besuch des Papstes 2007 wurde dafür geübt. Und dann war da noch Florian Henckel von Donnersmarck, Oscar-Preisträger, dessen Onkel Gregor bis zur Pension im vergangenen Februar hier Abt war. Als Florian Henckel von Donnersmarck 2007 für den Spielfilm "Das Leben der Anderen" mit dem Oscar in der Kategorie Bester fremdsprachiger Film ausgezeichnet wurde, raunte ein kurzes "Wir sind Oscar" durch Stift Heiligenkreuz.

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