"Larissa ist für uns Österreich"

Seit 27 Jahren ist der bayerische Komiker Michael Mittermeier unterwegs – derzeit mit dem aktuellen Solo "Blackout": "Aber ich bin kein zwanghafter Humorarbeiter"
Michael Mittermeier über Sex, Dschungelcamp und Korruption in Österreich.

Er macht Späße über Zombies, Oktoberfest und Elch-Lasagne. Mit seinem Programm "Blackout" ist der Comedy-Star Michael Mittermeier ab 6. April auf Österreich-Tournee.

KURIER: Ein Blackout im Hirn auf der Bühne, löst das Panik aus?

Michael Mittermeier: Nein. Der Blackout schafft Raum für etwas Neues. Das hat bei mir immer zu guten Dingen geführt.

Wie entsteht eine neue Show?

Ich sammle ja immer Ideen. "Safari" und "Blackout" entstanden aus ein paar Improvisationen. Da setze ich mich mit meinem Co-Autor Sven Kemmler hin, und wir haben ein paar Tage Spaß. Das wird notiert. Und das probiere ich schon relativ schnell live aus, ohne dass ein richtiges Programm steht.

Eine gewagte Arbeitsweise?

Aber aus der Risikosituation ergibt sich immer Neues. Wenn du zu einem Thema fünf Sätze und drei Stichworte hast und gezwungen bist, auf die Bühne zu gehen, und es muss lustig werden, dann wird's auch meist lustig.

Hierzulande kommt noch die Österreich-Impro drauf?

Man muss nur aufpassen, dass das nicht komplett ausfranst und sich fragen: Was will ich sagen? Um sich dann zu beschränken. Ich bin ein Fan der Stunde geworden. Es ist wie früher beim Sex: Es war irgendwie beschwerlich, aber man war ein großer Fan davon. Und hat sich nicht gern beschränkt. Aber eigentlich macht das mehr Sinn: Lieber 60 Minuten Qualität als zwei Stunden irgendwie ...

Aber "Blackout" ist mit zwei Stunden sowieso kein Quickie?

Nein. Ich bin auch glücklich damit. Es schlagt so einen Bogen. Weil auch das Thema Fernsehen wieder reinkommt. Nur wenige wissen: Als die Alliierten 1945 alle deutschen Medien an einem Tag ausgeschaltet haben, nannten sie das "Blackout".

Also eigentlich Medienkarenz.

Ja. Das haben meine Eltern auch mit mir gemacht, wenn ich etwas angestellt hatte: Fernsehverbot. Das war für mich immer die Höchststrafe. Aber durch das Fernsehen habe ich viel gelernt. Damit bin ich erst ins Leben gekommen.

Und heute?

Jetzt gehe ich auf die neuen Serien "Breaking Bad", "Walking Dead", was auch immer. Das hat ja keiner mehr geglaubt, dass das Fernsehen noch einmal so eine Großartigkeit entwickeln kann. Da bin ich in Deutschland ja in einer Diaspora ...

Wie bitte?

Acht Millionen schauen "Dschungelcamp". Ich habe kein RTL. Ich bin auch kein Verneiner. Aber schön wäre es trotzdem, wenn es daneben auch ein Fernsehen gibt, wo man sagt: Ja! Aber alle sagen: Larissa sollte Comedy machen, die ist ja so lustig.

Und sollte sie?

Das ist der Denkfehler, dass alle glauben, die sind dann Comedians. Jeder Depp, der bei einem Casting ausscheidet, sagt am Schluss: "Oh, ich bin ja eigentlich ganz lustig, ich könnte doch Comedy-Star werden." Für so was müsste es sofort eine auf die Nuss geben. Du wirst nicht Comedy-Star, nur weil du irgendwie mal blöd gucken kannst. Aber eine Desiree Nick, die in Deutschland sowieso keiner mehr ernst nimmt, darf in österreichischen Zeitungen herumschwadronieren.

Über Larissa im Dschungelcamp.

Da sagten alle Deutschen: So sehen wir die Österreicher. Das ist für uns Österreich. Im Grunde genommen war’s ja nix anderes. Sie war die einzige Österreicherin, die was gerissen hat im Dschungelcamp. Die sogar in Deutschland für Einschaltquoten gesorgt hat. Ja hallo!

Wie sehen Sie die Österreicher?

Verhaltensauffällig. Aber das ist kein negatives Wort. "Original" war einmal positiv besetzt. Ein Original war kreativ, schräg, aber man wusste: Da passiert was. Heute heißt’s: Einer ist merkwürdig, ganz lustig, aber wir wollen nix mit ihm zu tun haben. Es gibt schon auch Arschlochkinder. Aber verhaltensauffällig bin ich auf eine Art und Weise auch. Und verdiene mein Geld damit.

Sie sind als Comedian auch in Kanada, Kapstadt und England aufgetreten. Wie kann man denn einem englischsprachigen Publikum den Österreicher erklären?

Das ist ganz schwierig. Bei einem Festival in Kapstadt, ja Kruzifix, der Südafrikaner, der kennt ja keinen Wiener. Also habe ich das dort bei meinem Ampel-Gag den Österreicher mit "a kind of crazy motherfuckers" übersetzt. Das hat wieder eine positive Dimension.

Was erstaunt Sie an Österreich?

Dass die Korruption bei euch unter einem Packerl Kunsthonig klauen rangiert. Ich glaube, Korruption gibt’s in Österreich gar nicht auf der Blacklist von Vergehen, bei denen man bestraft werden könnte. Ein Land muss ja auch den Willen haben, jemanden zu bestrafen, der korrupt ist.

Aber es gilt doch in jedem Fall die Unschuldvermutung.

Österreich befindet sich auf dem Weg, wo am Schluss eine Almhütte wartet, wo man sich trifft, um ein Symposium über Korruption zu machen. Da steht Österreich. Viel weiter sind’s da noch nicht. Die große Preisfrage ist: Was nach drei Litern Almdudler auf der Hütte rauskommt. Ich sehe den Berlusconi weinen: "Furchtbar, diese Justiz!" Und dagegen den jungen feschen Karl-Heinz Grasser. Was der mit BUWOG oder Meinl gemacht hat, ist offenbar völlig egal.

Das Hypo-Alpe-Adria-Debakel spielt auch nach Bayern hinein.

Ich habe mich immer gefragt: Wie kann man ernsthaft eine Bank ins Leben rufen, die Hypo Alpe-Adria heißt. Allein der Name. Der hat so etwas Teppichhändlermäßiges. Hypo verstehe ich noch. Aber Alpe-Adria. Es gibt ein Schwimmbad in Wasserburg in Bayern, das heißt Alpamare. Und immer wenn ich Hypo Alpe-Adria höre, denke ich an Alpamare.

Aber beim Jörg Haider ...

... da ist ja alles gegangen: Da hätte man die Bank auch Bist-du-deppert-Verein nennen können. Und alle hätten gesagt: "Der Jörg hat versprochen, das Geld ist sicher." Wäre ich ein Banker gewesen, hätte ich mich nur gefragt: Wo geht das Geld hin? In die Alpen oder in die Adria.

Und woran glauben Sie?

An das Gute im Menschen. Ja, die Jugend macht’s, die Larissa im Camp und der junge Außenminister Sebastian Kurz in der Politik.

Die Show
Michael Mittermeiers aktuelles Bühnenprogramm ist "Blackout" (bereits auf CD erschienen). Damit war im Vorjahr die Linzer TipsArena im Nu zwei Mal ausverkauft: 6400 Zuschauer. Beim Komiker aus Bayern klingt alles wie gerade erfunden. Und zu allem fällt ihm etwas ein: zum Fernsehen ("Anne Will ist kein Pornotitel"), zu Zombies, zum Leberkäse, zum mit den "Eiern denkenden" Berlusconi, zum Atomkraftwerk in Zwentendorf ...

Wann & Wo
6.-10. April, Wiener Stadthalle F; 11. und 12. Mai, Graz, Stadthalle; 13. und 14. Mai, Salzburg Arena; 5. November, Innsbruck Olympiahalle;
Karten: hoanzl.at, oeticket.com, stadthalle.com

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