Michael Loebenstein, der zukünftige Chef im Filmmuseum

Michael Loebenstein übernimmt ab Oktober 2017 das Österreichische Filmmuseum.
„Die Filmgeschichte endet nicht mit der Ära des analogen Films“, sagt Michael Loebenstein, der zum neuen Direktor des Österreichischen Filmmuseums gewählt wurde, im KURIER-Interview.

Er sei "echt überwältigt", freute sich Michael Loebenstein auf der anderen Seite der Erdkugel darüber, dass er einstimmig zum neuen Direktor des Österreichischen Filmmuseums gewählt wurde. "Das Filmmuseum ist eine der Top-Kinematheken weltweit", schwärmte der 42-jährige Wiener im Gespräch mit dem KURIER: "Wien ist generell – und das kann ich nach mehr als fünf Jahren in Australien sagen – ein dynamischer, interessanter und im besten Sinn schwieriger Ort für Kultur und Kunst."

Derzeit befindet sich Loebenstein noch in Canberra, wo er das National Film und Sound Archive leitet. Mit seiner Bewerbung konnte er sich gegen 23 Konkurrenten durchsetzen. Ab 1. Oktober 2017 – nach einer Übergangsphase mit Direktor Alexander Horwath – wird er dessen Nachfolge antreten. Horwath selbst stand nach 15 Jahren Tätigkeit für eine Vertragsverlängerung nicht mehr zur Verfügung; mit der Wahl seines Nachfolgers sei er "sehr, sehr zufrieden".

In gewisser Weise kommt Loebenstein mehrfach nach Hause zurück: Nicht nur in seine Heimatstadt Wien, sondern auch ins Filmmuseum, wo er ab 2004 die Vermittlungs- und Forschungsabteilung aufgebaut hat.

Für ihn sei das Museum ein Ort, "wo man die Vergangenheit mittels Artefakte aus der Vergangenheit befragen und sie mit heutigen Problemen, Ideen und zeitgenössischen Produktionen kontrastieren kann", so Loebenstein: "Das Filmmuseum hat ein etabliertes Publikum. Menschen kommen zusammen, um neue Ideen zu diskutieren. Das ist eine riesige Chance – vor allem jetzt, wo wir, sagen wir es mal so, in ,interessanten‘ Zeiten leben."

Gender-Frage

Was seine eigenen Zukunftsvorstellungen betrifft, will Loebenstein verstärkt auf Kooperationen setzen: Ziel sei es, die Sammlungen des Filmmuseums noch mehr aufzumachen und Kollaborationen einzuladen, die neue Impulse setzen.

Weiters wolle er die Diskussion rund um das Verhältnis zwischen analogem und digitalem Bild neu entfachen: "Die Filmgeschichte endet nicht mit der Ära des analogen Zeitalters."

Geleitet von der Frage "Was heißt Bewahrung von Filmerbe?" möchte Loebenstein – etwa in der Frage der Archivierung – auch die Kooperationen mit anderen Medienarchiven suchen. Angesprochen auf die schwelende Fehde zwischen Österreichischem Filmmuseum und Filmarchiv Austria, propagiert er das offene Gespräch: "Vielleicht ist es an der Zeit, dass man gemeinsam daran arbeitet, herauszustellen, was der Wert jeder einzelnen Institution ist, und was man gemeinsam schaffen kann."

Auch die Gender-Frage will Loebenstein neu stellen: "Wenn es um die aktuelle Debatte um die Repräsentation von Frauen geht, hat ein Museum auch die Aufgabe, in diesem Bereich zu arbeiten."

Zum Filmmuseum: „Das Filmmuseum ist eine Cinématèque. Die Ausstellungen finden auf der Leinwand statt“: So lautet die programmatische Ansage des Österreichischen Filmmuseums im Gebäude der Albertina. Es wurde 1964 von Peter Konlechner und Peter Kubelka gegründet. Die Sammlung umfasst rund 31.000 Filme aller Genres von 1893 bis zur Gegenwart. Seit 2005 ist Martin Scorsese Ehrenpräsident.

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