Nebenrolle Donauweibchen

Mercedes Echerer
Mercedes Echerer hat sich auf die Spuren alter Geschichten aus dem Donauraum gemacht.

Je östlicher man kommt, desto eher gilt: Es reicht nicht, ein Kraftlackel zu sein, um den Drachen zu besiegen. Wer im Osten den Kampf gegen das Böse gewinnen will, der braucht Charme, Witz und Schabernack.

Fast 3000 Kilometer lang fließt die Donau durch Europa, verbindet Länder und Kulturen, Menschen und ihre Erzählungen. Die Schauspielerin Mercedes Echerer hat sich nun auf eine Märchenreise entlang des Stroms begeben: „Märchen, Mythen & Musik – Donau“ vereint 40 Geschichten aus Regionen entlang der Donau, von der Quelle bis zur Mündung, vom Schwarzwald bis zum Schwarzen Meer.

Märchen und Legenden, von der Generation der Großeltern überliefert, haben Mercedes Echerer, Petra Torky und Daria Biezunski-Vitásek zusammengetragen und für das Buch neu erzählt. Die Spurensuche nach den alten Motiven begann in den eigenen Familien. Bei Echerer waren es die ungarischen, rumänischen, deutschen Geschichten, deren Wurzeln gefunden werden wollten. 800 Märchen wurden auf diese gemeinsamen Spuren durchleuchtet, 40 davon haben unter anderen Christine Nöstlinger, André Heller und der Kertesz-Übersetzer György Buda für das Märchenbuch neu geschrieben. Der Stil der alten Geschichten und deren kultureller Background wurde beibehalten, doch jeder Autor legte seine literarisch individuellen Maßstäbe an.

Langos und Polenta

Die Idee dazu hatte die Schauspielerin Mercedes Echerer. Warum? Es ist wie mit dem Langos. Den kennt man vom Wiener Christkindlmarkt oder aus Ungarn. Dabei gibt es ihn im ganzen Donauraum, bis weit in den Osten. Oder Polenta, die kennt man aus Kärnten und Tirol (in Südtiroler Berghütten „con wurstel“ ) – es gibt sie überall im Osteuropäischen Raum. Und immer ein bisserl anders.

Genau so, ist Echerer irgendwann einmal draufgekommen, ist das mit den Märchenfiguren. Man erkennt das Märchen und denkt: Das kenn ich, aber ein bisschen anders. Der Teufel, zum Beispiel. Je weiter östlich man kommt, desto menschlichere Züge bekommt er. Spannend sind auch die Frauenfiguren entlang der Märchenreise: Von Bratislava bis Bayern dominieren böse Hexen und schöne Prinzessinnen. Im Osten hingegen kamen schon in der Generation der Ururoma selbstbewusste Frauen zu Wort, die sich sich mit List und Klugheit durchsetzten.

All das ist Echerer früh aufgefallen: Schon auf Grund ihrer Biografie lernte sie viele Kulturen kennen. Sie ist die Tochter eines Österreichers und einer ungarischen Mutter, die aus der ungarischen Minderheit in Siebenbürgen kommt. „Eine geballte Ladung an Ethnien. Das prägt.“ Dazu kommt: Wenn man selber Mutter ist und sich mit Märchen beschäftigt, fällt einem vieles auf. „Ich war oft enttäuscht über Märchenbücher, die zu lieb, zu brav, zu schön waren. Ich wollte mich mit der kulturellen Vielfalt auseinandersetzen.“

Donaufürsten

Nebenrolle Donauweibchen
In Echerers Märchenbuch ist die Welt nicht schwarz-weiß. Natürlich gibt es auch hier Drachen, Prinzen und Hexen. Aber der Teufel darf mehr als schwarze Fratze sein, er menschelt; mit Tieren gibt es echte Freundschaften und allein mit Kraft lässt sich kein Drache bezwingen. Es gehört Witz dazu! Stark bemerkbar machen sich religiöse und regionale Unterschiede: In katholisch dominierten Regionen geht es auch im Märchen um Schuld, Sühne und Vergebung.

Das naheliegendste Motiv entlang der Donau gibt es nicht überall: Die Meerjungfrau grundelt entlang der Donau in Bayern, Oberösterreich, Wien – bei Bratislava ist Schluss. Ab da spielen Donaufürsten und Donauweibchen nur mehr Nebenrollen.

Fantasie

Das Buch ist sparsam (mit Zeichnungen von Susanne Schmögner) illustriert. „Die Kinder sollen kein fertiges Bild bekommen, wir wollen ihre Fantasie anregen.“ Dafür liegt ein Hörbuch bei, für das Echerer gemeinsam mit Joachim Fuchsberger und André Heller eine Auswahl von Geschichten interpretiert. Das Akustik-Trio Folksmilch hat die Stimmungen der Donau musikalisch eingefangen. Das Buch erscheint auch in einer deutsch-slowakischen und deutsch-rumänischen Fassung.

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