"Menschenfeind" im Burgtheater: "Mich seht Ihr hier nicht wieder"

Sein weißer Anzug wird besudelt werden: Der Alceste des Itay Tiran will sich bei der Party im Haus der Geliebten nicht beugen
Martin Kušej stilisiert sich in einer tollen Inszenierung von Molières „Der Menschenfeind“ als Opfer der Bussi-Bussi-Gesellschaft

Am Samstag beim Verbeugen, nach knapp zwei Stunden Spielzeit, trug Martin Kušej ein weißes Hemd zum schwarzen Anzug.  Das Outfit schien ganz bewusst gewählt.  Denn Itay Tiran, der Titelheld, bestritt den Abend gegengleich im weißen Anzug über dem schwarzen T-Shirt. Des Fingerzeigs hätte es nicht bedurft: Kušej machte in seiner Inszenierung schon anfangs klar, dass er sich mit dem „Menschenfeind“ identifiziert. Und dass er die Komödie von Molière nutzt, um sich zu rächen – an der Politik, der Presse und der Bussi-Bussi-Gesellschaft. 

Denn Alceste hält nichts vom Schöntun und Buckeln, von Komplimenten und falschem Getue. Dass eine Hand die andere wäscht, ist ihm zuwider: Es riecht zu sehr nach Korruption. Er sagt, was er sich denkt, und eckt natürlich an. Das war im 17. Jahrhundert nicht anders als heute.

Die gierige Meute

Kušej hat sich  für die sehr zeitgenössische Übertragung (durch Hans Magnus Enzensberger 1979 in die BRD) entschieden – und diese mit vielen Gegenwartsbezügen angereichert. Das Haus der Célimène, in dem das Stück spielt, steht 2023 in Wien. Angesagt ist große Party mit viel Small Talk. Tilman Tuppy als Acaste ätzt über die mediale „Jedermann“-Aufregung, Lukas Vogelsang plaudert übers Koksen im Do & Co, man ereifert sich über Vorkommnisse am Wörthersee, mit der Éliante der Lili Winderlich befindet man  auch über den scheidenden Burgtheaterdirektor: „Der war doch sowieso nie da.“

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