War's das? "Mit mehr Wien kann man 'Vienna Blood' nicht beenden"
Die Story von „Vienna Blood“ begann Anfang 2008. Da stieß ORF-Fernsehfilm-Redaktionsleiter Klaus Lintschinger am Flughafen von L.A. zufällig auf ein Buch aus Frank Tallis’ Liebermann-Reihe, die in Wien spielt. Auf eine Mail-Anfrage kam die Antwort: „Der Stoff ist schon vergeben.“ Erst zehn Jahre später konnten Gespräche mit der BBC finalisiert werden und aus dem Arbeitstitel „Liebermann“ wurde „Vienna Blood“. In mehr als 100 Länder wurden die Lizenzrechte mittlerweile verkauft.
Mit Staffel 4 könnte die Historien-Krimireihe jetzt an ihr Ende kommen. Im Zweiteiler „Mephisto“ tritt das von Matthew Beard und Juergen Maurer verkörperte Ermittlerduo (20. und 21. Dezember, 20.15 Uhr, ORF 2) zum vorerst letzten Mal auf.
Der intensive Fall (Drehbuch: Steve Thompson) spielt im Jahr 1909. Oskar Rheinhardt (Maurer) gelingt es, den Waffenschieber Burgstaller (Murathan Muslu) festzunehmen. Dieser behauptet, die Identität des berüchtigten Mephisto zu kennen, eines gefährlichen Maulwurfs im Geheimdienst. Kurz darauf wird er erschossen. Max Liebermann (Beard) soll ein Psychogramm des Ermordeten anfertigen. Derweil geschehen weitere Morde, die Spur führt in ein Casino, in dessen Katakomben eine illustre Kartenrunde um die Geschicke der Monarchie zu spielen scheint.
Rückkehr nach Wien
Regie führte Umut Dağ, der bereits zwei Folgen der ersten Staffel verantwortet hatte. Bei der Präsentation im Hotel Sacher zeigte er sich erfreut, wieder in Wien gedreht zu haben – nachdem die Reihe zwischendurch (von Robert Dornhelm) auch in Budapest inszeniert worden war.
„Es heißt nicht umsonst ,Vienna Blood‘“, sagt Dağ. „Auch international wollen die Leute etwas von Wien sehen.“ Die Locationsuche sei herausfordernd gewesen, „weil schon viel von Wien gezeigt worden ist. Wir wollten ja aus dem Vollen schöpfen.“
Das Ende von Teil 1, als Liebermann und Rheinhardt in große Gefahr geraten, erinnert an die Verfolgungsjagd in der Wiener Kanalisation aus dem Kultfilm „Der Dritte Mann“. Dağ sagt: „Wir hatten die Idee, ein ikonisches Finale zu erzählen“, daher habe man „natürlich auch Reminiszenzen an solche großen filmischen Beispiele liefern“ wollen, „wenn auch nicht vordergründig.“
Vienna Blood
Vienna Blood
Vienna Blood
Vienna Blood
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Juergen Maurer erinnert sich an die Anfänge: „Matthew und ich haben uns hier im Sacher kennengelernt. Da war er 29 und ein schüchterner, zarter, aber sehr liebenswerter englischer Kollege. Über die Jahre sind wir sehr zusammengewachsen.“
Eine Welt am Abgrund
In der Verschwörungsstory sieht der Schauspieler durchaus Parallelen zum Heute. "Ein Deep State sei einmal dahingestellt, aber dass die Welt zu jener Zeit am Abgrund stand und dann auch in den Abgrund gefallen ist mit dem Ersten Weltkrieg, das ist evident - und dass wir uns heute in einer in vielem deckungsgleichen Weltsituation befinden, ist auch evident."
Maurer zieht eine durchaus bittere Schlussfolgerung; "Dass die Menschheit konsistent verweigert, ihre Lehren daraus zu ziehen und gescheiter zu werden und sich immer wieder dazu entschließt, sich in irgendwelche populistischen, rechtsextremen, religiös-fanatischen und sonstigen Irrwege zu manövrieren, ist offensichtlich. Es scheint der elementare Schöpfungsfehler zu sein, dass der Mensch mit viel Hirn aber wenig Verstand ausgestattet ist."
Erneut einen Auftritt hat Therese Thanhofer, die von Maurers Lebenspartnerin Maria Köstlinger gespielt wird. Der "Vorstadtweiber"-Star bekennt, " immer sehr fasziniert von der ganzen Reihe" gewesen zu sein. Die Figur betrachtet sie als "einen zart geschliffenen Diamant. Das ist keine Riesenrolle, aber sie hat als sein ,Love Interesest' viel mit dem Oskar zu tun und er darf beim Aufeinandertreffen mit ihr auch eine andere Seite zeigen. SIe ist eine Frau aus dieser Zeit, wo man ein bisschen erriechen kann, wie es damals gewesen ist."
Therese wendet sich an Rheinhardt, weil ihr Ehemann sie geschlagen hat. Es sei "immer eine Gratwanderung", häusliche Gewalt im Film darzustellen zu zeigen, "entweder es kommt tatsächlich ins Bild, dass die häusliche Gewalt passiert, oder man zeigt, wie in diesem Fall, wie es der Frau danach geht und sie um Hilfe ruft. Leider ist es eine traurige Geschichte, dass das heute noch immer so unendlich oft vorkommt."
Wie es ist, "Vienna Blood" wieder in Wien zu drehen ...
Juergen Maurer: "Abgesehen davon, dass es immer ein Herzensprojekt von mir war, egal, ob in Budapest oder in Wien gedreht wird: Nach der Arbeit zu Hause zu schlafen ist für einen Filmschauspieler ein unglaubliches Asset. Das viele Reisen und die Hotels, das mag alles wahnsinnig spannend sein, aber wenn man sehr hart in Richtung 60 unterwegs ist, verliert es irgendwann ein bisschen den Reiz und man freut sich, wenn man nach Hause kommen kann zu Weib und Katzen. (lacht)
Maria Köstlinger: "Die Serie heißt "Vienna Blood" und wenn man auch stolz darauf ist, wie schön diese Stadt ist, möchte man natürlich nicht, dass Wien in anderen Städten gefaked wird. Daher fand ich es schon schön, dass die Produktion wieder nach Österreich zurückgekehrt ist. Abgesehen davon ist es auch schön, wenn der Partner nicht so lange weg ist und in der Nähe seinen Beruf ausüben kann."
Wie es ist, gemeinsam zu arbeiten und ob man am Abend noch gemeinsam darüber spricht ...
Juergen Maurer: "Wir verbringen unser Leben zusammen. Und wenn sich diese Gemeinschaft auch auf die Arbeit ausdehnt, dann ist es, glaube ich, für keinen von uns beiden irgendwie störend oder seltsam. Wir haben jetzt auch an der Josefstadt gemeinsam gespielt. Also ich finde es sehr schön, ich arbeite wahnsinnig gerne mit meiner Süßen zusammen. Ich finde es immer befremdlich, wenn jemand fragt: "Ist es dann nicht zu viel?" Ich sag immer: Na ja, wenn man gern zusammen ist, dann verbringt man auch gern viel Zeit miteinander."
Maria Köstlinger: "Ich könnte mir vorstellen, dass der Juergen am Abend oft nichts mehr reden will aber das ist mit mir ein bisschen schwer (lacht). Ich bin schon eine, die gerne nachbespricht und erzählt, aber da muss er halt durch (lacht). Aber er hat auch ein Plätzchen, das er für sich hat, sein Atelier, in dem er gern und toll malt und zeichnet. Er geht dann einfach in seinen geheiligten Raum und hat dann seine Ruhe."
Mehrere Enden ventiliert
Über das Ende des Weihnachtsfeatures sagt er geheimnisvoll: „Es hat sich mehrfach verändert – vom offenen Ende über ein Ende mit Cliffhanger oder einem wirklichen Abschluss war alles zu verschiedenen Zeiten im Script herauslesbar. Welches der möglichen Enden jetzt das tatsächlich Sichtbare ist, sollte das p. t. Publikum gespannt verfolgen.“
Man habe dem Erbe der bisherigen neun Teile jedenfalls gerecht werden wollen, meint Regisseur Dağ, „daher musste der Zweiteiler auch im Herzen der Stadt enden. So viel kann man sagen: Mit mehr Wien kann man das nicht beenden.“
Leben Totgesagte länger?
Und was sagt Produzent Oliver Auspitz (MR Film) zu den Auspizien für die Erfolgsreihe? „Der Zweiteiler hält auf jeden Fall eine Zäsur bereit“. Er sei „ein großer Freund davon, noch am Höhepunkt aufzuhören.“ In schwierigen Zeiten mit gestiegenen Kosten (ein knapp zweistelliges Millionenbudget für 180 Minuten) müsse man abwägen, „ob man weiterhin abliefern kann, was man sich vorstellt“, sagt Auspitz.
Aber: „Heutzutage sind wir es eh schon gewöhnt, dass jede Woche ein Mal die Welt zu Ende geht. Man muss es österreichisch sehen: Hier leben Totgesagte bekanntlich oft länger.“
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