"The Good Nurse" auf Netflix: Serienmord in der Klinik

Was sich hinter diesem arglos aussehenden Gesicht verbirgt, möchte niemand für möglich halten. Krankenpfleger Charlie (gespielt von Eddie Redmayne) fängt neu in einem Krankenhaus in New Jersey an. Er hält einer älteren Patientin auf der Intensivstation geduldig den Strohhalm ihres Wasserglases zum Mund und scherzt mit seiner Kollegin Amy (Jessica Chastain) beim Pizzaessen in der Nachtschicht. Bis mehrere unerwartete Todesfälle für Rätsel sorgen.
Das Drama „The Good Nurse“, das beim Filmfestival in Toronto Premiere feierte und seit wenigen Tagen bei Netflix zu sehen ist, beruht auf einer wahren Geschichte: Der echte Charles Cullen hat gestanden, in 16 Jahren als Krankenpfleger 40 Menschen getötet zu haben – es wird jedoch vermutet, dass es weitaus mehr waren.
Der Film des dänischen Regisseurs und Drehbuchautors Tobias Lindholm – er arbeitete u. a. an den Serien „Borgen“ und „Mindhunter“ mit – konzentriert sich auf einen Zeitraum von wenigen Monaten vor Cullens Festnahme.
Harter Job
Erzählt wird die Geschichte aus der Perspektive der Krankenschwester Amy: Eine alleinerziehende Mutter, die mit einer Herzerkrankung zu kämpfen hat. Der Job ist hart und verschlechtert ihren Zustand zusätzlich, doch mangels Krankenversicherung kann sie sich keine adäquate Behandlung leisten. Da ist sie umso dankbarer, dass Charlie ihr immer wieder unter die Arme greift oder Medikamente für sie abzweigt.
Doch ausgerechnet dieser hilfsbereite Mann ist dafür verantwortlich, dass auf der Intensivstation so häufig die Alarmtöne der Maschinen angehen, indem er Überdosen von Insulin gibt.

Erst lassen sich auf Chastains Gesicht nur beginnende Zweifel ablesen, später die pure Panik. Redmayne zeigt als Charlie wenig deutbare Emotionen. Auf die Frage, was jemanden zu solch grauenhaften Taten bewegt, gibt es keine Antwort.
Der Gruselfaktor entsteht hier nicht nur durch die Vorstellung, als Patientin oder Patient hilflos ausgeliefert zu sein. Besonders schockierend an „The Good Nurse“ ist zu sehen, wie vonseiten des Krankenhauses versucht wird, alles unter den Teppich zu kehren: Es wird ein Klima der Angst geschaffen, das Mitarbeiter davon abhält, entscheidende Hinweise zu geben. Ob Charlie in einem anderen Krankenhaus gleich weitermacht wie bisher, ist den Verantwortlichen egal.
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