Stefanie Reinsperger: „Ich würde ja auch für fünf Leute spielen“
Die Karriere von Schauspielerin Stefanie Reinsperger läuft auf Turbo. Die 32-Jährige war „Beste Nachwuchsschauspielerin“, kurz danach gar „Beste Schauspielerin“ von Theater heute. Auch den „Nestroy“ nennt die gebürtige Badenerin ihr Eigen. Was kann da noch kommen?
Zum Beispiel die KURIER ROMY als Beliebteste Darstellerin Kino/TV-Film. Nominiert ist die vormalige Salzburger Buhlschaft für ihre Darstellung von Österreichs mächtigster Herrscherin: „Maria Theresia“. Daneben ermittelte sie als Polizistin im Salzburger „Landkrimi: Das dunkle Paradies“, was von Reinspergers Vorliebe zeugt, „ganz normalen Menschen“ Gesicht und Stimme zu leihen.
KURIER: Sie haben sich selbst als „Theater-Tier“ bezeichnet, das auf einer Bühne erst so richtig auflebt – wie gehen Sie mit den Schließungen aufgrund von Corona um?
Stefanie Reinsperger: Da ich ein so arbeitsintensives Jahr hinter mir habe und dazu auch noch einige persönliche Probleme verarbeiten muss, kommt mir diese erzwungene Auszeit sogar gelegen. Aber nach so kurzer Zeit kann ich nicht sagen, ob ich nicht doch noch durchdrehe, wenn das länger dauert. Ich würde ja auch für fünf Leute spielen. Mir wäre das egal. Ich spiele auch vor einem einzigen Zuschauer mit der gleichen Intensität wie vor einem vollen Haus. Aber es geht auch aus Rücksicht auf die Kollegen nicht. Bei Liebesszenen kann man keinen Sicherheitsabstand einhalten. Obwohl man das vielleicht auch im wirklichen Leben tun sollte (lacht).
Sie lieben offensichtlich Ihr Publikum. Nun sind Sie mit der ROMY für einen Preis nominiert, der vom Publikum vergeben wird.
Bei der ROMY geht es nicht nur darum, den Zuschauersaal eines Theaters zu füllen, sondern möglichst viele in ganz Österreich vor die TV-Geräte zu locken – und womöglich über die Landesgrenzen hinaus. Da hat die ROMY eine besondere Bedeutung. Außerdem finde ich es lustig, dass ich als Maria Theresia für einen Preis nominiert bin, der nach einer Schauspielerin benannt ist, die für ihre Darstellung einer anderen österreichischen Kaiserin berühmt geworden ist – für die Sissi (lacht).
Manche Regisseure haben vor Theaterschauspielern ja fast Angst, weil ihre Darstellung für die Kamera zu wenig intim sein könnte. Fällt Ihnen der Wechsel zwischen Bühne und Film leicht?
Die Rolle der Maria Theresia fällt da insofern heraus, als für eine Herrscherin eine gewisse Theatralik von Vorteil ist. Alle Politiker sind ja auch Schauspieler (lacht). Bei der „Maria Theresia“-Produktion waren vielleicht auch deshalb viele Bühnenschauspieler beschäftigt – etwa Johannes Krisch oder Philipp Hochmair. Anders ist es bei Filmen, die im Heute spielen, wie die „Landkrimis“. Da fällt man plötzlich auf sich selbst und auf die möglichst wahrhaftige Darstellung von Gefühlen zurück. Rollen wie in „Das dunkle Paradies“ sind eine ganz eigene Herausforderung, die mir große Freude macht, weil ich da auch viel fürs Theaterspielen lerne.
In Zeiten von #MeToo und Frauenquote werden bedeutende Frauen der Vergangenheit als Beispiele für weibliche Qualifikation und Durchschlagskraft herangezogen. Sahen Sie Maria Theresia als modernes Leitbild?
Sie konnte sich als Monarchin jedenfalls recht gut in einer Männerwelt behaupten. In diesem Sinne kann man sie vielleicht als „moderne Frau“ bezeichnen. Was mir bei der Darstellung der Maria Theresia eher Kopfzerbrechen bereitet hat, war, dass sie offenbar über viele Seitensprünge ihres Mannes Bescheid wusste und ihn trotzdem bis zu seinem Tod geliebt hat. Genau genommen hat sie „ihren Franzl“ sogar bis zu ihrem eigenen Tod geliebt, sonst hätte sie nicht so viel Zeit an seiner Grabstätte in der Kapuzinergruft verbracht. Und daher wollte ich auch unbedingt daran glauben, dass er „seine Reserl“ im Grunde genauso geliebt hat. Mittlerweile denke ich, dass man deren Beziehung auch sehr modern als „offene Ehe“ interpretieren kann. Deutet man das so, bin ich wohl weniger modern als Maria Theresia (lacht).
Sie sagten einmal, dass Ihnen das Theater so viel bedeutet, weil man damit auf die Gesellschaft einwirken und sie womöglich sogar verändern kann. Trifft das nicht noch viel mehr auf das Fernsehen zu, das die Menschen sogar in ihren Wohnzimmern erreicht?
Als ich in die Schauspielschule ging, stand das Fernsehen nicht gerade hoch in unserer Achtung. Es war eher negativ konnotiert. Für unsere Lehrer, die vom Theater kamen, galt dieses Medium nicht als Kunstform – ganz im Gegenteil. Inzwischen hat sich viel in der Fernsehlandschaft getan und ich sehe selbst, wie viele qualitätsvolle Produktionen gezeigt werden. Und entsprechend hoch in meiner Achtung stehen inzwischen die Preise, die für dieses Medium vergeben werden. Über eine ROMY würde ich mich daher sehr freuen.
Interview: Gabriele Flossmann
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