Dieser Entwicklungsschritt kam mit „Ich bin ein Star …“ auf RTL.
Damit wurde es von einem ehemals geschmähten Format zu einem preisgekrönten. Auch Intellektuelle können das schauen. Wobei wir bei ATV nochmals eine eigene Tonalität gefunden haben. Das Humoristische und Selbstironische passt sehr gut zur österreichischen Seele. Wir diskutieren immer wieder mit Kollegen aus anderen Ländern, die uns sagen, dass diese Art, TV zu machen, bei ihnen undenkbar wäre.
Inwieweit drückt sich hier das österreichische Wesen aus?
Es ist vielleicht diese Lust, sich über sich selbst auch lustig zu machen, dieses leicht Patscherte im anderen zu sehen.
Auch das Image der Reality-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer hat sich vom früheren Schmuddelimage gedreht. Woran liegt das? Daran, dass sich auf Social Media jeder selbst inszeniert?
Die ganze Welt der Influencer wirkt natürlich auch stark auf dieses Berufsbild: Alle Protagonisten sind dort sehr stark vertreten. Es ist einfach mainstreamiger und gesellschaftsfähig geworden, wenn man so will. Sich vor der Kamera zu zeigen, ist nicht mehr etwas, für das man sich genieren muss.
Kim Kardashian ist die Urfigur dieser Vermischung von Reality-TV und Influencerin. Wirkt sich ihr Vorbild auch auf Menschen aus, die bei ATV Ruhm suchen?
Ich glaube, dass so jemand auf alle Bereiche abstrahlt. Die Triebfeder ist hier ja immer: „Ich will reich und berühmt werden.“ Man hört von diesen globalen Stars diese irren Summen, von den Möglichkeiten und dem Glamour ... Das prägt auch die Träume der jungen Menschen. Früher wollte man vielleicht Model werden – heute Influencerin.
Wie stellt man einen geglückten Cast zusammen?
Aus einer dramaturgischen Perspektive ist es ein bisschen ein Ensemblefilm. Es gibt keine Hauptcharaktere, sondern der Wert kommt aus dem Ensemble. Dieses muss die verschiedensten Emotionen und die Zuschauergruppen bedienen und gewisse Friktionspunkte schaffen.
ATV hat sich in den vergangenen Jahren mit sehr vielen unterschiedlichen Shows einen eigenen Markt an Kandidaten aufgebaut, die man immer wieder einsetzen kann.
Wir haben einen Protagonistenpool aus unseren erfolgreichen ATV-Formaten, der ein bisschen abseits der klassischen Societywelt existiert. Man würde sie nicht zur klassischen Society zählen, aber sie sind bekannt.
Die Schnittstelle zwischen den beiden Welten ist Richard Lugner. Ohne ihn wäre die österreichische Reality-Welt auch nicht so weit wie heute, oder?
Ich glaube schon, dass Richard Lugner diesem Genre einen Stempel aufgedrückt hat – mit allen Aspekten. Und er hat gezeigt, welchen wirtschaftlichen Wert es hat. Wahrscheinlich hat er das sogar früher kapiert als Kim Kardashian.
Wie schafft ATV es, Menschen für Formate wie „Teenager werden Mütter“ vor die Kamera zu holen, ohne dass die sich ausgenutzt fühlen?
Ganz selten sind Protagonisten mit der Darstellung unglücklich. Mit den meisten haben wir einen langjährigen Kontakt. Wir stellen sie auch nicht anders dar, als sie sich darstellen wollen. Und: Es gibt Protagonisten, etwa bei „Leben im Gemeindebau“, die nach der Ausstrahlung so viel positives Feedback bekommen, wie sonst nur selten in ihrem Leben.
Was kostet „Forsthaus“?
Jeder deutsche Sender hat durch die Marktgröße das zehnfache Budget eines österreichischen Senders, insofern sind wir es immer schon gewohnt, sehr günstig zu produzieren. Speziell bei dem Projekt hat man einfach gewisse Grundkosten, die höher sind. Wir haben zwei Jahre daran gearbeitet, bis wir eine Partnerkonstellation gefunden haben, die das ermöglicht. Auch der Erfolg unserer anderen ATV-Formate hat dabei geholfen. Deutsche Produktionen liegen ungefähr bei Faktor fünf.
Gibt es eine zweite Staffel? Und, wenn ja: Wer könnte da überhaupt noch teilnehmen?
Wir schreiben gerade eine Wunschliste mit Kandidaten. Natürlich warten wir noch ab, bis die Staffel vorbei ist und hoffen, dass das Erfolgsniveau so bleibt – denn sowohl im TV als auch digital auf unserer kostenlosen Streaming-Plattform Zappn performt „Forsthaus Rampensau“ überdurchschnittlich gut.
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