Paukenschlag bei ProSiebenSat.1: Weg frei für Berlusconi-Holding MFE

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Tschechischer Großaktionär PPF stellt Bemühungen um mehr Einfluss ein und verkauft alle Anteile

Beim Machtpoker um den deutschen TV-Konzern ProSiebenSat.1 ist die endgültige Entscheidung gefallen: Die tschechische PPF hat beschlossen, ihre Aktien, die rund 15,68 % des ausstehenden Grundkapitals von ProSiebenSat.1 entspricht, im Rahmen des Angebots von MediaForEurope ("MFE") anzudienen. Das gab PPF am Dienstag nach Börsenschluss bekannt. Zu ProSiebenSat.1 gehören in Österreich die Puls- sowie die ATV-Sender.

Zu wenig Unterstützung anderer Aktionäre

Der nach MFE zweitgrößte ProSiebenSat.1-Aktionär war zuvor an dem Ziel gescheitert, seinen Anteil auf bis zu 29,99 Prozent zu verdoppeln, um zusammen mit dem Streubesitz ein Gegengewicht zu den Italienern zu bilden.

"Obwohl das Angebot von MFE bislang nur begrenzte Akzeptanz gefunden hat, ist es PPF nicht gelungen, ausreichend Aktionäre zur Unterstützung der eigenen Ziele zu gewinnen", heißt es in einer Aussendung. Mit bereits über 43 % der Stimmrechte verfüge MFE voraussichtlich über eine einfache Mehrheit auf den Hauptversammlungen von ProSiebenSat.1. "Aufgrund der geringen Annahmequote ihres Angebots kann PPF ihre ursprüngliche Rolle als strategischer Investor mit dem Anspruch, auf Augenhöhe mit MFE zusammenzuarbeiten und ihre Expertise beim Aufbau digitaler Medienplattformen einzubringen, nicht fortführen", erklärt die tschechische PPF der Milliardärin Renata Kellnerova. 

Damit ist der Weg frei für den Berlusconi-Konzern. Dort rechnet man, dass Einsparungen und Ergebniseffekte von mehr als 400 Millionen Euro bei einem Zusammenschluss beider Unternehmen machbar wären.  Von der Höhe der Anteile hängt ab, wie stark MFE in das operative Geschäft des ertragsschwachen, hochverschuldeten Unternehmens eingreifen und welche Einsparungen sie durchsetzen kann. Das Ergebnis der zweiwöchige Nachfrist, in der Aktionäre der Berlusconi-Holding ihre Anteile noch andienen können, wird am 4. September erwartet. 

Warnung vor Risiken für den Journalismus

Bedenken gibt es seitens der deutschen Politik bezüglich der "journalistischen Unabhängigkeit." Auch die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) hat vor den Risiken für die Medienvielfalt gewarnt. Zusätzlich zu einer konzernweiten Kündigungswelle wird im Fall der Übernahme mit weiteren Einschnitten gerechnet. Davor warnten jüngst Arbeitnehmervertreter. Erst am Montag wurden auch Kündigungen bei ProSiebenSat.1Puls4 bekannt.

Paneuropäischer Medienkonzern geplant

MFE-Chef Pier Silvio Berlusconi, dem Sohn des ehemaligen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi, schwebt ein paneuropäischer Medienkonzern mit ProSiebenSat.1 und den eigenen Privatsendern in Italien und Spanien vor, um den US-Streaming-Riesen wie Netflix und Disney+ Paroli zu bieten. Da die Italiener nun die 50-Prozent-Hürde überspringen werden, könnten sie Umsätze und Gewinne von ProSiebenSat.1 voll in die eigene Bilanz aufnehmen. Für einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag, der ihnen den Zugriff auf die Finanzmittel geben würde, wäre aber eine Dreiviertel-Mehrheit nötig.

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