ProSiebenSat.1 schwächelt und Berlusconi macht sich stark

Der Vorstand der ProSiebenSat.1 Media SE (v. l.): Finanzvorstand Martin Mildner, Vorstandsvorsitzender Bert Habets und Chief Operating Officer Markus Breitenecker.
Die Berlusconi-Holding MFE-MediaForEurope hat ihre Beteiligung an ProSiebenSat.1, wozu in Österreich Puls4 und die ATV-Sender gehören, weiter ausgebaut. MFE habe von einem nicht genannten Aktionär 6,51 Millionen ProSieben-Aktien gekauft, teilte das Unternehmen am Donnerstag mit. Damit halten die Italiener nun mindestens 32,95 Prozent an ProSiebenSat.1. Der Preis je Aktie habe dem Anfang der Woche erhöhten Übernahmeangebot entsprochen: 4,48 Euro in bar und 1,3 A-Aktien von MFE.
Der Konkurrent im Wettbieten, PPF, der auf maximal 29,99 Prozent aufstocken will, will jedenfalls vorerst nicht mehr als 7,00 Euro je Aktie zahlen, hatte aber mit seiner Offerte MFE in Zugzwang gebracht. MFE will ProSiebenSat.1 zum Teil eines europäischen Fernsehkonzerns machen, der den Streaming-Riesen aus den USA Paroli bieten soll.
PPF sieht überlegene eigene Strategie
ProSiebenSat.1-CEO Bert Habets kann mit der steigenden Aktienmacht der MFE offenbar gut leben. Bei einer Pressekonferenz anlässlich der Halbjahreszahlen von ProSiebenSat.1 verwies er darauf, dass man seit eineinhalb Jahren an gemeinsamen Projekten mit MFE arbeite. „Nicht meine Tonalität hat sich verändert, sondern das Angebot hat sich geändert“, sagte er am Donnerstag. Er pflege einen konstruktiven Dialog mit beiden Großaktionären. Eine formale Empfehlung an die übrigen Aktienhalter von Habets und dem ProSiebenSat.1-Vorstand, zu dem auch der Wiener Markus Breitenecker als COO zählt, gab es bislang noch nicht.
Am Freitag bestätigte PPF ein Festhalten am bisherigen eigenen Angebot. Dieses sei „vorteilhaft, da es Aktionären einen klaren und sicheren Wert gegenüber dem komplexen Vorschlag von MFE bietet, der möglicherweise illiquide Aktien mit ungewissem Wert und lediglich eine Bargegenleistung von EUR 4,48 je Aktie enthält." PPF sei "weiterhin davon überzeugt, dass seine Strategie für ProSiebenSat.1 als eigenständiges Unternehmen der Vision von MFE einer paneuropäischen Sendergruppe überlegen ist."
Prinzip Hoffnung bei der Werbekonjunktur
Operativ kämpft ProSiebenSat.1 weiter mit der schwachen Konjunktur, setzt aber auf Besserung noch in diesem Jahr. „Für das zweite Halbjahr sind wir zuversichtlich, dass wir von einer möglichen wirtschaftlichen Erholung rasch und unmittelbar profitieren werden“, sagte Finanzvorstand Martin Mildner.
Dann, so hofft man in München-Unterföhring, würden auch die Werbeerlöse wieder steigen, die in der ersten Jahreshälfte zu einem Umsatzrückgang von vier Prozent auf 1,7 Milliarden Euro geführt haben. Das bereinigte operative Ergebnis (Ebitda) fiel um 40 Prozent auf 99 Millionen Euro. Unter dem Strich stand gerade noch eine schwarze Null, nach einem knappen Nettogewinn von 33 Millionen Euro im vergangenen Jahr.
Joyn-Nutzung wächst, Werbeerlöse mau
Mildner hielt an der Umsatzerwartung für 2025 von 3,7 bis 4,0 Milliarden Euro fest, machte bei der Gewinnprognose aber Abstriche. Das Nettoergebnis wird durch einen Bilanzierungseffekt wegen der Verschmelzung der Fernseh-Tochter Seven.One Entertainment mit der eigenen Digital-Plattform Joyn aufgehübscht. So können Anlaufverluste von Joyn von rund 460 Millionen Euro steuerlich geltend gemacht werden.
Bei der Gratis-Streaming-Plattform Joyn, einem Kernprodukt in der Entertainment-Strategie von ProSiebenSat.1, freute sich Habets über Wachstum, ohne sich allzu sehr in die Karten schauen zu lassen: Joyn erreichte im zweiten Quartal 2025 durchschnittlich 9,2 Mio. monatliche Video-Nutzer – ein Plus von 31 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Die Verweildauer stieg im gleichen Zeitraum um 29 Prozent auf 12,6 Mrd. Minuten. Die AVoD-Erlöse gingen um 62 Prozent in die Höhe, ohne dass absolute Zahlen genannt wurden. Die gesamten digitalen und smarten Werbeeinnahmen sind noch auf geringem Niveau und beliefen sich auf 77 Millionen Euro.
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