Presserat rügt "Zur Zeit" für Diskriminierung des Staatsschutzchefs
"Zur Zeit" hat mit einem Beitrag den Leiter der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN), Omar Haijawi-Pirchner, diskriminiert und seinen Persönlichkeitsschutz verletzt. Es liegen Verstöße gegen die Punkte 5 und 7 des Ehrenkodex für die österreichische Presse vor, hat der Presserat entschieden. Der Artikel enthalte rufschädigende Mutmaßungen und eigne sich, Misstrauen gegenüber Muslimen zu schüren. Die Kennzeichnung als Satire konnte nicht nachvollzogen werden.
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Der Beitrag "Ein Mann namens Omar" erschien in der Ausgabe 29-30/2023 der Wochenzeitung und widmet sich der Bestellung von Haijawi-Pirchner als DSN-Leiter. Aufgeworfen wird darin etwa die Frage: "Aber könnte es sein, dass man als Moslem - im Unterbewusstsein - doch ein anderes Gefühl gegenüber den ins Kriminal abgerutschten Glaubensgenossen aufbringt als ein autochthoner Österreicher?"
Da der Text als Satire ausgewiesen war, prüfte der Presserat nach einer Beschwerde eines Lesers zunächst, ob es sich auch tatsächlich um solche handelt. "Im Mittelpunkt steht der Vorwurf, dass Omar Haijawi-Pirchners Vater arabischer Herkunft sei und sich dies negativ auf die Führung der Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) auswirke - eine kritisch-ironische Reflexion über dieses Vorurteil ist nicht erkennbar", hielt der Senat 3 des Presserats fest. Womöglich sei der Beitrag als Satire gekennzeichnet worden, um medienethische und -rechtliche Freiräume nutzen zu können, so das Selbstkontrollorgan.
Der Beitrag wurde letztlich als Kommentar eingestuft, womit Presse- und Meinungsfreiheit grundsätzlich großzügiger auszulegen sind. Ehrverletzungen und Verunglimpfungen von Personengruppen seien aber auch in einem Kommentar nicht gerechtfertigt. "Der Autor vermittelt den Eindruck, dass Menschen muslimischer Herkunft generell weniger geeignet seien, in Österreich an der Spitze einer Sicherheitsbehörde zu stehen; dafür spricht auch der Hinweis des Autors, dass ein mutmaßlicher Moslem sich bescheiden im Hintergrund halten bzw. dankbar sein solle, hier zu leben", hielt der Presserat fest und forderte "Zur Zeit" auf, freiwillig über den Ethikverstoß zu berichten. Die Wochenzeitung erkennt die Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats nicht an und nahm auch nicht am Verfahren teil.
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