ORFIII-Chef Schöber: "Kultur nicht nur für eine schmale Elite"
In neuer personeller Aufstellung und mit frischen Programmplänen wartet ORFIII bei der Programmpräsentation 2022 am Mittwochabend auf. Peter Schöber, Gründungsgeschäftsführer des Info- und Kulturkanals im Gespräch.
Herr Schöber, Ihnen ist im Zuge der Neubildung der ORF-Geschäftsführung ein Teil ihres Spitzenpersonals abhandengekommen. Was hat sich für Sie und ORFIII dadurch verändert?
Die einzige Konstante ist der Wandel, insofern schmerzen diese Abgänge natürlich. Gleichzeitig ist es eine schöne Bestätigung unserer geleisteten Arbeit, dass mit Ingrid Thurnher und Eva Schindlauer gleich zwei ORF-III-Personalities ins Top Management des Konzerns aufgestiegen sind. Ich bin ich froh, dass wir mit Lou Lorenz-Dittlbacher eine der erfahrensten und bekanntesten Journalistinnen des Landes als Chefredakteurin gewinnen konnten. Mit Kathrin Zierhut-Kunz ist ebenfalls ein kaufmännischer Vollprofi an Bord gekommen. Insofern sind wir hier für die Zukunft gut aufgestellt. Die Herausforderungen, vor denen wir stehen, sind ja dieselben geblieben: mit den vorhandenen budgetären und personellen Ressourcen möglichst viel attraktives, unverwechselbares Programm zu machen.
Wo setzt ORF III nun die programmlichen Schwerpunkte? In den beiden Corona-Jahren war ORF III einerseits Partner der Kulturinstitutionen und andererseits stark im Info-Segment. Was davon soll nun weitergeführt werden?
Wir wollen in beiden Hauptsegmenten unser Angebot massiv weiter ausbauen. Im Bereich Kultur, indem wir mit den Kulturbühnen des Landes konsequent mehr Content produzieren und anbieten und auch mit unserer Klassikplattform myfidelio noch enger kooperieren. So hat Generaldirektor Weißmann etwa vor wenigen Wochen einen umfassenden Kooperationsvertrag mit der Stadt Wien unterschrieben, der die Zusammenarbeit mit den VBW, den Wiener Symphonikern, dem Nestroy Theaterpreis, den Vereinigten Bühnen Wien, u. a. m. für die nächsten Jahre sicher stellt.
Zu den bestehenden Angeboten kommt mit den Festspielen aus Taggenbrunn heuer erstmals fix auch ein Kulturangebot aus Kärnten hinzu, ebenso werden wir in Zusammenarbeit mit dem Land Oberösterreich und dem Landesstudio ein Experiment wagen, und das sogenannte "Woodstock der Blasmusik" aus Ort im Innkreis mit einem Brass-Angebot der Sonderklasse übertragen. Dazu kommt, dass wir etwa mit den Bühnen Steiermark seit heuer aus dem Orpheum in Graz 20 Produktionen aus den Bereichen Kleinkunst und österreichische Rock/Popmusik realisieren.
Und im Info-Bereich?
Im Infobereich bewältigte Neo-Chefredakteurin Lou Lorenz mit ihrem großartigen Team zum Einstand eine Riesenaufgabe. Mehr als 116 Stunden Sonder- und Spezialsendungen zum Ukraine Krieg, die wir in enger Abstimmung mit ORF2 gestemmt haben, und das Publikum war und ist in großer Zahl dabei. Auch hier ist unser Bestreben, das Angebot nach Maßgabe der Möglichkeiten auszubauen.
Fest der Freude
Anlässlich des Gedenkens an die Kapitulation des Nazi-Regimes zeigt ORFIII am 7. Mai (20.15) die Wiener Symphoniker live vom Heldenplatz
Kultursommer
Die 15 Produktionen reichen u. a. von Rudolf Buchbinders Festival Grafenegg über "Klassik unter Sternen" aus Göttweig sowie "Nabucco" aus St. Margarethen bis zur konzertanten Open-Air-Fassung von "Elisabeth" vor Schloss Schönbrunn
Eigenproduktionen
Neues von André Hellers "Menschenkinder" (z. B. Senta Berger) und "Hauskonzert" (Martin Grubinger). Neue Doku- Reihe "Via Austriae"
Wie wird sich der neue multimediale Newsroom des ORF auswirken, dessen Besiedlung ja ansteht?
Wir sind vor einem Jahr in den neuen ORF-III-Trakt am Küniglberg eingezogen und haben den unglaublichen Vorteil, dass hier in unserem kleinen, so wie auch im großen neuen Newsroom, Technik und Redaktion komplett verschmolzen und verwoben sind. Mit den Info-Angeboten des ORF, insbesondere mit den Landesstudios und der ORF-2-Information sind wir engstens abgestimmt; die Kolleginnen und Kollegen von ORF 2 kommentieren bei uns etwa täglich in der Vormittags-Info-Schiene; ausführliche, hintergrundhaltige Korrespondentenschaltungen sind ebenfalls wesentlicher Bestandteil dieser Sendeflächen.
Im Zuge des Wahlkampfs um den ORF-Generaldirektor war hin und wieder zu hören, ORF III müsste sich stärker auf seine Kernaufgaben konzentrieren, weil es auch Serien und populäre Filme zu sehen gibt. Das führt zur Frage: Wie unterhaltend soll und darf ORF III sein?
Mit Roland Weißmann haben wir einen Generaldirektor, dem der Kulturauftrag des ORF ein besonderes Anliegen ist und der ORF III als integralen wesentlichen Bestandteil dieses Auftrags sieht. Unsere Aufgabe ist es, für die Menschen, die Kultur lieben, ein ordentliches Angebot zu bieten. Das tun wir in unbestrittener Weise. Darüber hinaus müssen wir aber auch all jene, denen die Kultur etwas ferner ist, dazu verführen, sprich auch für diese ein – manchmal auch niederschwelliges – Angebot machen. Eine Kulturnation wie wir es sind, kann auf Dauer diesen Anspruch nur erheben, wenn nicht nur eine schmale Elite, sondern auch die breite Masse der Bürgerinnen und Bürger sich im Kulturprogramm wieder findet und dieses auch als maßgeblich erachtet.
Kostendruck und Inflation machen auch vor dem Kultur- und Info-Sender nicht halt. Wie gehen Sie, der sich als Programmmacher versteht, mit der Herausforderung um? Und ist mit der neuen Geschäftsführung eine Ausweitung des Budgets gekommen?
Bei ORF III sind wir es gewohnt, mit überschaubaren Budgets zu operieren. Mehr ist natürlich immer gut, aber nach Maßgabe der Möglichkeiten wurde hier ordentlich nachgebessert und wir bemühen uns, die Synergien im Konzern bestmöglich zu nutzen.
ORF III galt immer auch als Spielwiese von Alt-General Alexander Wrabetz. Wie hält es der neue, Roland Weißmann, damit?
Wie gesagt ist Roland Weißmann der Kulturauftrag ein besonderes Anliegen. Ich durfte mit ihm in den vergangenen Wochen eine Vielzahl an Terminen mit Stakeholdern aus dem Kunst- und Kulturbereich wahrnehmen; wobei es ihm ein besonders Anliegen ist, den Kulturbetrieben über die schwierige Post-Corona-Zeit hinwegzuhelfen. ORF III unterstützt dies tatkräftigst. Darüber hinaus realisieren wir mit "Via Austriae – von Ostarrichi nach Österreich" eine monumentale 40-teilige Geschichtsreihe, die von Roland Weißmann ins Leben gerufen wurde.
Danke für das Gespräch.
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