Technik-Direktor Kräuter: „neues technologisches Herzstück" des ORF gestartet

ORF-Technik-Direktor Kräuter im Content Management Center am Mediencampus Küniglberg
Neues Content Management Center bringt dem ORF mehr Ausfallssicherheit und effizienteres Arbeiten. 20 Millionen Investment in laufenden Budgets eingepreist.

Oben an der Decke laufen die auffälligen orangen Wabenträger und verbreiten den Charme der 1970er-Jahre. Darunter modernste Technik und spärliche personelle Besetzung; die vielen Bildschirme und Kontrollleuchten lassen aber auch Laien erahnen, dass es mit dem fast tageslichtlosen Raum mitten im ORF-Zentrum etwas Besonderes auf sich hat.

Das neue Content Management Center (CMC) ist für Harald Kräuter, ORF-Direktor für Technik und Digitalisierung, „das technologische Herzstück“ des Senders: „Wir haben mit dem CMC das Nervensystem des ORF komplett auf eine neue Basis gestellt – in der altehrwürdigen Halle, wie wir es nennen. Im denkmalgeschützten Umfeld kommt komplexe neue Technologie zum Einsatz.“

Effizienz, Flexibilität und Skalierbarkeit

Das CMC bündelt die Sendeabwicklung von Online, TV und Radio. Es macht den Betrieb effizienter, flexibler und auch sicherer. Durch die Zentralisierung von Playout (Ausspielung), Sendeleitung und Hauptkontrolle werden Entscheidungswege kürzer und Strukturen schlanker. So wurde im Zuge der technologischen Neuaufstellung die Sendeabwicklung von ORF III von Pfarrwerfen komplett nach Wien verlegt. Auch die Sendertochter ORS hat als Dienstleister hier einen 24/7 besetzten Platz.

Die nun eingesetzte neue IP-basierte Technologie ermöglicht eine hohe Skalierbarkeit. „Technische Ressourcen können flexibel über das Netzwerk verschoben werden, um auf aktuelle Schwerpunkte zu reagieren“, erläutert Kräuter. Das ermöglicht effizienteres Arbeiten mit weniger Personal. Der Output konnte um 50 Prozent gesteigert werden. Neben ORF 1, ORF 2 und Sport+ werden nun auch ORFIII und ORF Kids hier abgewickelt. Man ist zudem auf den steigenden Live-Anteil und auf weiteren Ausspielwege vorbereitet, wie mehrere neue vollautomatisierte Kleinststudios zeigen.

ORF-Content-Management-Center - CMC

Ein Mann für alle Fälle: Das neue Arbeitsprinzip im neuen ORF-Content-Management-Center

Denn die Zukunftssicherheit ist Kräuter ein weiterer wichtiger Aspekt. Er sieht hier den ORF als „Taktgeber auch in Richtung anderer Rundfunkanstalten und den Herstellern.“ Großes Interesse zeigten Privatsender aus Deutschland. Die ARD wird 2026 in Wien ein entsprechendes Meeting abhalten.

Transformation auch bei den Technikern

Die grundlegende Transformation des technischen Betriebs des ORF zeigt sich auch beim Personal: Der klassische Techniker wird zum flexiblen, über das Spezialistentum hinausgehenden CMC-Operator, der mehr als 300 serverintegrierte Systeme überwacht und TV, Radio und Online gleichzeitig steuern kann.

Kräuter macht kein Hehl daraus, dass dies eine „enorme Herausforderung“ für seine Mitarbeiter war. Es war ein „Change-Projekt, das die letzten drei Jahre gelaufen ist.“ Das habe auch zu einem neuen Image der ORF-Technik mit ihren insgesamt rd. 550 Mitarbeitern nach außen beigetragen. „Es war mir ein großes Anliegen, ein innovationsfreundliches Umfeld zu schaffen“, betont Kräuter. So  gelinge es, auch am schwierigen Techniker-Arbeitsmarkt als Unternehmen attraktiv zu sein.

Content Management Center am Mediencampus eröffnet – ORF als europaweiter Vorreiter

ORF mit CMC als europaweiter Vorreiter (v. li.): Produktionschef Karl Nöbauer, ORF-Technik-Direktor Harald Kräuter und Alexander Hetfleisch, Head of Broadcast System Design and Support

Resilienz, Sicherheit und Strategie

Von höchster Priorität sind für die ORF-Technik die Themen (Cyber-)Sicherheit und Ausfallsicherheit. Das CMC ist mit mehrfach redundanten Netzwerken ausgestattet, um einen störungsfreien 24/7-Betrieb zu garantieren. Es gibt auch mehr als ein Rechenzentrum, sodass „ein singuläres Ereignis am Standort nicht alles lahmlegen kann“, wird betont. Näher will man darauf „aus naheliegenden Gründen“ nicht eingehen. 

Die Kosten des Projekts beliefen sich auf etwa 20 Millionen Euro und waren in den laufenden Budgets eingeplant. Kräuter „Es war der richtige Zeitpunkt zur Erneuerung, weil  Komponenten das Ende des Lebenszyklus erreicht hatten.“

Vom Sender zur Plattform

Das neue CMC dokumentiert auch die strategische Neuausrichtung des ORF unter Roland Weißmann: „Vom Sender zur Plattform. Das ist der Fokus“, sagt Kräuter. Dies beinhaltet auch die Nutzung von Cloud-Diensten, wobei der ORF hier einen hybriden Ansatz verfolgt. Denn dem Technischen Direktor ist dabei auch das Thema „Souveränität“ wichtig: „Wir müssen wirklich schauen, wo unsere Daten liegen.“ 

Mit der Fertigstellung und dem Start des CMC nun ist für Kräuter jedenfalls „ein multimedialer Dreh- und Angelpunkt geschaffen worden, der technologisch eine neue Ära für den ORF einläutet.“

 

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